Evolution des Geruchssinns bei Säugetieren: Studie liefert neue Einblicke9. Dezember 2025 Unterschiede im Endokast des Riechkolbens bei fünf ausgestorbenen Säugetieren. Der Endokast des Riechkolbens ist gelb dargestellt. Die Schädel sind nicht maßstabsgetreu dargestellt. Quelle: © Martinez et al. Durch die Kombination anatomischer Schädelanalysen und genetischer Untersuchungen ist es Forschenden gelungen, den Geruchssinn sowohl lebender als auch fossiler Säugetiere einzuschätzen. Das lässt Rückschlüsse auf die Evolution des Geruchssinns zu. Der Geruchssinn ist für Tiere lebenswichtig, da er bei Nahrungssuche, Schutz vor Feinden und sozialen Interaktionen hilft. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Quentin Martinez und Dr. Eli Amson vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart hat nun herausgefunden, dass bestimmte Bereiche im Hirnschädel Rückschlüsse auf den Geruchssinn von Säugetieren erlauben. Von der Spitzmaus bis zum Elefanten Besonders aussagekräftig ist das Volumen des Endokasts des Riechkolbens, einer knöchernen Struktur im Schädel, die auch in sehr alten Fossilien oft gut erhalten ist. Dieses Volumen hängt eng mit der Anzahl intakter Geruchsrezeptor-Gene zusammen – einem wichtigen Hinweis auf die Geruchsfähigkeit. So lässt sich der Geruchssinn auch bei ausgestorbenen Arten wie frühen Walen, Säbelzahnkatzen oder dem Tasmanischen Tiger, auch Beutelwolf genannt, abschätzen. Die Studie, die eine verlässliche Methode zur Rekonstruktion des Geruchssinns bei ausgestorbenen Säugetieren liefert, wurde in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht. Dr. Quentin Martinez und Dr. Eli Amson in der Säugetiersammlung des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart. Sie halten Säugetier-Schädel in den Händen, die sie für diese Studie per CT-Scan untersucht haben. Quelle: © Quentin Martinez Vom Gehirn zu den Genen – die Verbindung von Anatomie und Genomik Für Wissenschaftler ist es eine große Herausforderung, die Entwicklung des Geruchssinns nachzuvollziehen. Insbesondere bei längst ausgestorbenen Tieren, deren Verhalten heute nicht mehr beobachtet werden kann, stellt sich das schwierig dar. Bei Säugetieren entspricht das Volumen der Hirnschale ungefähr dem Volumen des Gehirns. Die vorliegende Studie zeigt: Je größer der vordere Teil der Hirnschale ist, der den Riechkolben enthält, desto mehr funktionsfähige Geruchsrezeptor-Gene besitzt das Tier – ein wichtiger Hinweis auf die Ausprägung des Geruchssinns. Da die knöcherne Hirnschale in vielen Fossilien gut erhalten bleibt, können Forschende die Ausprägung des Geruchssinns selbst bei längst ausgestorbenen Arten rekonstruieren. „Unser Ansatz – vom Gehirn zu den Genen – verbindet die Anatomie des Schädels mit genetischen Informationen. Das hilft uns, die Evolution des Geruchssinns bei Säugetieren besser zu verstehen“, erklärt Dr. Quentin Martinez, Wissenschaftler am Naturkundemuseum Stuttgart und Erstautor der Studie. Umfangreiche Schädelanalyse Für diese umfassende Studie untersuchte das Forschungsteam Schädel aus allen Säugetierordnungen mittels Computertomographie (CT). „Die von uns untersuchten Arten reichten von der zehn Gramm schweren Spitzmaus bis zum fünf Tonnen schweren Afrikanischen Buschelefanten und umfassten Endokranien von Elefanten, Walen, Nashörnern, Primaten und vielen weiteren Arten. Besonders das Scannen extrem großer Schädel erforderte ungewöhnliche CT-Scan-Einrichtungen und war eine technische Herausforderung. Der Versuch, einen Elefanten- oder Walschädel zu scannen, kann ein richtiges Abenteuer sein“, so Dr. Eli Amson, Paläontologe am Naturkundemuseum Stuttgart und Experte für fossile Säugetiere. Was konnten ausgestorbene Säugetiere riechen? Mithilfe umfassender anatomischer und genetischer Untersuchungen sowie genauer Analysen von Fossilien und Knochen ist es Forschenden gelungen, die Geruchsfähigkeiten verschiedenster ausgestorbener Säugetiere einzuschätzen. „Wir haben unter anderem Fossilien früher Wale aus dem Eozän, Säbelzahnkatzen und dem Tasmanischen Tiger sowie weitere ausgestorbene Arten untersucht. Besonders spannend war für uns, dass einige der frühen Wale noch über einen deutlich ausgeprägten Riechkolben verfügten. Dies deutet darauf hin, dass sie einen guten Geruchssinn hatten – im Gegensatz zu heutigen Zahnwalen wie Delfinen, bei denen der Riechkolben im Laufe der Evolution stark verkleinert wurde. Frühe Wale aus dem Eozän verfügten somit wahrscheinlich über einen sehr guten Geruchssinn“, so Dr. Quentin Martinez. Ein neues Fenster zur Evolution der Sinne Durch die Verbindung anatomischer Merkmale des Schädels mit genetischen Informationen ermöglicht die Studie ein besseres Verständnis der Entwicklung des Geruchssinns im Laufe der Evolution. Sie eröffnet neue Einblicke in die Lebensweise und die ökologischen Anpassungen von heutigen Säugetieren sowie von solchen, die vor Millionen von Jahren lebten. Diese Erkenntnisse sind eine wichtige Grundlage für die Erforschung der sensorischen Evolution. Sie eröffnen neue Perspektiven für die Interpretation der Paläoökologie und des Verhaltens ausgestorbener Säugetiere.
Mehr erfahren zu: "Fruchtbare Spermien brauchen festes Fundament für ihre Geißel" Fruchtbare Spermien brauchen festes Fundament für ihre Geißel Ein funktionsfähiger Spermienschwanz ist für eine erfolgreiche Fortpflanzung unerlässlich. Eine aktuelle Publikation in „Science Advances“ enthüllt die Bedeutung eines Spermien-spezifischen Ankergerüstes. Fehlt darin ein Protein, führt dies zu Unfruchtbarkeit.
Mehr erfahren zu: "Tiere gehören nicht unter den Weihnachtsbaum – BTK warnt vor unüberlegten tierischen Geschenken" Tiere gehören nicht unter den Weihnachtsbaum – BTK warnt vor unüberlegten tierischen Geschenken Jedes Jahr stehen besonders zum Weihnachtsfest Hundewelpen, Kätzchen oder andere Haustiere weit oben auf den Wunschzetteln. Doch die Bundestierärztekammer (BTK) warnt eindringlich davor, Tiere zu Weihnachten zu verschenken.
Mehr erfahren zu: "Wie sich Pseudomonas gegen Angreifer verteidigt " Wie sich Pseudomonas gegen Angreifer verteidigt Mit einer molekularen Harpune, die einen Giftcocktail injiziert räumen einige Bakterien Rivalen aus dem Weg. Pseudomonas aeruginosa etwa kann sich davor schützen. Aber das hat seinen Preis: Der Schutz macht […]