Experimentelle Nanopartikeltherapie senkt offenbar bei schwer kranken COVID-19-Patienten das Mortalitätsrisiko

Dendrimer (Abbildung: Love Employee/stock.adobe.com)

Laut Forschenden der Johns Hopkins Medicine (USA) kann eine experimentelle Behandlung mit einem bestimmten Dendrimer-Nanopartikel (OP-101) das Mortalitätsrisiko und die Notwendigkeit für eine Beatmung im Falle einer COVID-19-Erkrankung „erheblich reduzieren“.

Das habe eine kleine klinische Studie mit 24 schwer an COVID-19 erkrankten und hospitalisierten Patienten gezeigt, berichten die Wissenschaftler. Die Untersuchung wurde von Ashvattha Therapeutics, einem Startup-Unternehmen der Johns Hopkins finanziert, das das entsprechende Medikament herstellt. Die Studie ergab insbesondere, dass Patienten, die das Medikament erhielten, eine mehr als viermal höhere Abnahmerate der in ihrem Blut zirkulierenden Biomarker für Entzündungen und Hirnschädigungen aufwiesen als Patienten, die ein Placebo erhalten hatten.

„OP-101 könnte eine wirksame Therapie zur Verringerung von Hyperinflammation und zur Förderung der Reparatur bei Menschen mit schwerer COVID-19-Erkrankung darstellen“, sagt Sujatha Kannan, Professorin für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Pädiatrie an der Johns Hopkins University School of Medicine. „Sie zeigt einen signifikanten klinischen Nutzen ohne die damit verbundenen Nebenwirkungen, die typischerweise bei einigen anderen Behandlungen auftreten.“

Die Medizinerin und ihr Ehemann, Dr. Rangaramanujam Kannan, Professor für Ophthalmologie an der Johns Hopkins University School of Medicine sowie am Wilmer Eye Institute tätig, entwickelten OP-101, indem sie das starke Antioxidans n -Acetylcystein (NAC) an ein Nanopartikel hefteten. An jedes Nanopartikel sind mehrere Moleküle des Medikamentes gebunden, und die Nanopartikel können das Medikament spezifisch an Makrophagen abgeben. Das Dendrimer-Nanopartikel gibt das Medikament nur an diejenigen Makrophagen ab, die an einer Läsion an der Entzündungsreaktion beteiligt sind. Derzeit wird NAC in einer anderen Form zur Behandlung von Paracetamol-Intoxikationen und zur Verdünnung von Schleimsekret in den Atemwegen verwendet.

Die Forschenden weisen darauf hin, dass größere klinische Studien mit OP-101 abgeschlossen werden müssen, und dass OP-101 zur Behandlung von COVID-19 derzeit nur im Rahmen einer klinischen Studie oder, für andere medizinische Zwecke, unter Aufsicht eines Arztes verwendet werden sollte.

Für die Studie rekrutierten die Forscher 24 Patienten im Alter von 43 bis 86 Jahren. Dabei handelte es sich überwiegend um Männer (5 Schwarze, 15 Hispanoamerikaner und 4 nichthispanische Weiße) mit schwerer COVID-19-Erkrankung, die zwischen August 2020 und Mai 2021 in verschiedenen US-amerikanischen Krankenhäusern behandelt wurden.

Patienten mit Anzeichen einer schweren COVID-19-Erkrankung, die maschinell beatmet oder über eine High-Flow-Nasenkanüle mit Sauerstoff versorgt wurden, konnten in die Studie aufgenommen werden. Die Mehrheit der in die Studie eingeschlossenen Patienten befand sich auf einer Intensivstation. Sechs Patienten erhielten innerhalb von 24 Stunden nach Hospitalisierung eine intravenöse Einzeldosis von 2 mg/kg OP-101, während sechs Patienten eine Dosis von 4 mg/kg bekamen. Weitere fünf erhielten eine Dosis von 8 mg/kg und sieben Kochsalzlösung als Placebo. Alle 24 Patienten bekamen außerdem die Standardversorgung bei COVID-19, einschließlich Corticosteroiden zur Unterdrückung von Entzündungen und des antiviralen Medikamentes Remdesivir. Den Prüfärzten war bis zum Ende der Studie nicht bekannt, welche Patienten Placebo oder OP-101 erhalten hatten.

Am Ende der Studie stellten die Wissenschaftler fest, dass OP-101 bei einer Dosierung von entweder 4 mg/kg oder 8 mg/kg den Entzündungsmarker C-reaktives Protein sechsmal besser reduzierte als Placebo. Biomarker für neurologische Schäden, wie und vier- bis zehnmal besser reduzierte Biomarker für neurologische Verletzungen, wie Neurofilament-Leichtketten und Saures Gliafaserprotein.

Das Risiko, 30 beziehungsweise 60 Tage nach der Behandlung zu versterben oder ein Beatmungsgerät zu benötigen, betrug 71 Prozent für Patienten, die das Placebo erhielten, und 18 Prozent für diejenigen, die OP-101 bekommen hatten. 60 Tage nach Erhalt von entweder OP-101 oder Placebo hatten drei von sieben Patienten aus der Placebogruppe und 14 von 17 Patienten, die eine der drei Dosen von OP-101 erhielten, überlebt.

OP-101 war laut den Studienautoren nicht mit unerwünschten Ereignissen verbunden und wurde von dieser Population schwer erkrankter Patienten gut vertragen. „Es ist möglich, dass OP-101 auch bei der Behandlung der mit Long-COVID verbundenen neurologischen, kardialen und respiratorischen Symptome nützlich sein könnte, da ein Teil der Patienten mit Long-COVID an einer anhaltenden Entzündung leidet“, sagt Rangaramanujam Kannan.

Die Forschenden planen nun größere klinische Studien mit OP-101.