Experimentelle Studie: Mittels einfacher Hautbiopsie Gewebeschäden im Zusammenhang mit COVID-19 beurteilen20. Juli 2022 Wunde nach Stanzbiopsie (Foto: © fpic/stock.adobe.com) Wie Forschende im „American Journal of Pathology“ berichten, könnte ein minimalinvasiver Test COVID-19 bei daran erkrankten Patienten in verschiedenen Krankheitsstadien erkennen lassen und möglicherweise frühere Interventionen ermöglichen. Unter Verwendung von Hautbiopsien stellten die Wissenschaftler in ihrer experimentellen Studie fest, dass Patienten mit schwerer COVID-19-Erkrankung Gerinnsel in kleinen venösen und arteriellen Blutgefäßen normal erscheinender Haut aufwiesen. Dies wurde bei der Haut von Patienten mit anderen schweren infektiösen Lungenerkrankungen oder bei Personen mit nur leichter oder mittelschwerer COVID-19-Erkrankung nicht beobachtet. Damit dokumentiert die Arbeitsgruppe nach eigenen Angaben erstmals prämortal, dass eine minimalinvasive Hautbiopsie helfen könnte, Gewebeschäden im Zusammenhang mit COVID-19 zu beurteilen und diese Blutgefäßveränderung von denen bei anderen Formen schwerer Atemwegserkrankungen zu unterscheiden. Vor dieser Studie seien dafür invasive Verfahren wie Nerven-, Nieren- oder Lungenbiopsien erforderlich gewesen, schreiben die Forschenden. „Wir waren die erste Gruppe, die erkannte, dass sich die Lungenerkrankung bei akuter COVID-19-Erkrankung von anderen schweren kritischen Atemwegsinfektionen unterschied und dass die ungewöhnliche Pathologie systemisch war“, erklärt Studienleiter Dr. Jeffrey Laurence von der Abteilung für Hämatologie und Medizinische Onkologie der Weill Cornell Medicine in New York (USA). Die Wissenschaftler entnahmen Stanzbiopsien (4 mm) von normal erscheinender Haut über dem Deltamuskel von 15 Patienten, die sich mit einer COVID-19-Erkrankung auf der Intensivstation befanden, sowie von sechs Patienten mit leichten bis mittelschweren COVID-19-Symptomen wie Fieber, Schüttelfrost, Husten oder Kurzatmigkeit. Biopsien von neun Krankenhauspatienten mit einer schwerem oder kritischen Atemwegs- oder Nierenerkrankung, die vor der COVID-19-Pandeie verstorben waren, wurden ebenfalls in die Studie aufgenommen. Bei 13 der 15 Patienten mit schwerer oder kritischer COVID-19-Erkrankung wurden Mikrothromben nachgewiesen. In den Biopsien von Patienten mit leichter bis mittelschwerer COVID-19-Erkrankung oder von Patienten aus der Zeit vor COVID-19, die an einer schweren Atemwegs- oder Nierenerkrankungen gelitten hatten, wurden keine Mikrothromben festgestellt. Es sei wahrscheinlich, dass diese mikrovaskulären Veränderungen im Vergleich zu anderen akuten Atemwegserkrankungen ein spezifisches Merkmal der mit COVID-19 assoziierten Atemwegserkrankung sein können, schreiben die Wissenschaftler. Ein antivirales Protein, MxA, das in der Lage ist, das Wachstum von SARS-CoV-2 zu blockieren, wurde bei allen sechs Patienten mit leichter bis mittelschwerer COVID-19-Erkrankung gefunden. Dies deutet im Vergleich zu nur zwei Patienten mit schwerer bis kritischer Erkrankung, bei denen MxA entdeckt wurde, laut den Forschenden darauf hin, dass das Immunsystem der Betroffenen das Virus aktiv bekämpft. Ein durch Interferon induziertes Entzündungsprotein, SIN3A, war in den Mikrogefäßen normal erscheinender Haut von Patienten mit schwerer oder kritischer COVID-19-Erkrankung auffällig, aber nicht in ähnlichen Proben von normalen Kontrollpersonen. Erhöhte SN3A-Spiegel im Plasma und eine erhöhte Expression in den dermalen Mikrogefäßen waren mit dem Schweregrad der Erkrankung verbunden und könnten zu dem charakteristischen Zytokinsturm bei schwerst an COVID-19 erkrankten Personen beitragen, erklärt die Arbeitsgruppe. Laut Laurence können diese Erkenntnisse klinische Auswirkungen haben. „Zwar sind Antikoagulanzien in der Ära vor COVID-19 bei Sepsis-assoziierten Pneumonien eingesetzt worden, um Thromboembolien der Makrogefäße zu reduzieren – doch in den meisten randomisierten Studien bisher wurde nicht beobachtet, dass diese Behandlung hospitalisierten Patienten zugute kommt, die schwer an einem COVID-19-assoziierten Akuten Atemnotsyndrom leiden. Diese Medikamente sind möglicherweise nicht in der Lage, die bei einer SARS-CoV-2-Infektion festgestellte Mikrogefäßthrombose zu reduzieren.“ Die Studienautoren räumen ein, dass ihre Arbeit durch eine fehlende Randomisierung nur eingeschränkt aussagekräftig ist. Bevor die klinische Bedeutung dieser Ergebnisse als umsetzbare Korrelate des Krankheitsverlaufs identifiziert werden könne, sei eine prospektive Studie mit Serienbiopsien von normal erscheinender Haut erforderlich. Die Forschenden betonen jedoch, dass die einfache Hautstanzbiopsie eine gewebebasierte Beurteilung auf mikrovaskuläre Thrombose, Komplementdisposition und MxA- und SN3A-Spiegel zu verschiedenen Zeitpunkten ermöglicht. „Falls dies in einer Längsschnittkohorte validiert wird, kann eine frühere Identifizierung von Faktoren im Zusammenhang mit schwerer COVID-19-Erkrankung mithilfe einer einfachen Hautbiopsie bei Patienten in frühen Stadien einer SARS-CoV-2-Infektion dazu beitragen, Personen mit dem Risiko für eine akute Progression und die Entwicklung von Long-COVID zu identifizieren und frühzeitige gezielte Interventionen zu ermöglichen“, schlussfolgert Laurence.
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