Fachkräftemangel in der Nephrologie: Potenzial der Heimdialyse mehr nutzen

Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion können eine Dialyse unter bestimmten Voraussetzungen auch zuhause durchführen. Symbolbild ©Thidaphon/stock.adobe.com

Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels in der ambulanten und stationären Patientenversorgung weist die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) auf die potenziellen Vorteile einer Heimdialyse hin und fordert eine strukturelle Verankerung.

In Deutschland sind rund 100.000 Menschen auf eine regelmäßige Dialyse angewiesen, da ihre Nierenfunktion stark eingeschränkt oder vollständig ausgefallen ist. Diese Behandlung ist lebensnotwendig und gleichzeitig kosten- und personalintensiv.

Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) weist im Vorfeld ihrer 17. Jahrestagung (2. bis 5. Oktober 2025 in Berlin) auf die Heimdialyse hin, eine Therapieform, die im Gegensatz zur Dialysebehandlung in Zentren und Kliniken hierzulande noch viel zu wenig genutzt wird, aber angesichts des Fachkräftemangels großes Potenzial birgt.

„Wir sehen im Ausbau der Heimdialyse eine Chance, die Versorgung langfristig zu sichern, Patientinnen und Patienten mehr Selbstbestimmung und Wohlbefinden zu ermöglichen und gleichzeitig das medizinische Personal zu entlasten”, erklärt Prof. Martin Kuhlmann, Präsident der DGfN. Derzeit dialysieren nur knapp sieben Prozent der Betroffenen zu Hause – die DGfN hält eine Quote von 20 bis 30 Prozent, wie sie auch in anderen Ländern erreicht wird, für realistisch.

Heimdialyse: flexibel, alltagsnah, medizinisch sinnvoll

Bei der Heimdialyse wird die Behandlung von Patientinnen und Patienten eigenständig durchgeführt, entweder über das Bauchfell (Peritonealdialyse) oder als klassische Hämodialyse. Die daraus resultierenden Vorteile umfassen eine flexible, selbstbestimmte Zeitgestaltung, den Wegfall langer Anfahrten sowie einen gesundheitlichen Nutzen.

„Je häufiger und kontinuierlicher dialysiert wird, desto besser wird die natürliche Nierenfunktion ersetzt“, sagt Kuhlmann, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin – Nephrologie am Vivantes Klinikum im Friedrichshain in Berlin. „Für berufstätige, aber auch für alle selbstständigen oder von der Familie unterstützten Betroffenen kann die Heimdialyse eine attraktive Option sein, die gleichzeitig auch eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität darstellt.“ 

Die Voraussetzungen für die Anwendung der Heimdialyse umfassen eine sorgfältige Schulung der Patientinnen und Patienten sowie der behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Zudem ist die Bereitschaft und Eignung zur selbstständigen Durchführung der Heimdialyse erforderlich. Ambulante und stationäre Dialyseeinrichtungen stellen an dieser Stelle ein verlässliches Backup für medizinische Rückfragen dar.

Strukturelle Verankerung

Die DGfN begrüßt, dass der Bewertungsausschuss aus Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) zum 1. Januar 2025 neue finanzielle Anreize für die Heimdialyse geschaffen hat. Für die ersten 52 Wochen der Behandlung erhalten Leistungserbringer nun wöchentliche Zuschläge in Höhe von 96,50 Euro. Für diese Zwecke werden zusätzliche finanzielle Mittel in Höhe von circa 15 Millionen Euro bereitgestellt.

„Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Heimdialyse strukturell zu verankern“, meint Kuhlmann. „Wenn Deutschland seine Transplantationspolitik neu denkt, sollten auch nephrologische Versorgungswege neu gedacht werden – und zwar vom Zeitpunkt der Diagnose an.“

Der Nephrologe betont, dass Menschen mit chronischer Nierenkrankheit (CKD) Optionen benötigen, die zu ihrem Leben passen. Die Stärkung der Heimdialyse wurde seitens der DGfN daher bereits 2021 in deren 10-Punkte-Plan beschlossen1, 2.

Internationale Kooperation und fachübergreifende Prävention

Auch international engagiert sich die DGfN für die Heimdialyse – etwa im Rahmen des International Home Dialysis Consortium (IHDC), das Fachgesellschaften, medizinisches Personal, Patientenorganisationen und politische Entscheidungstragende zusammenbringt3.

Gleichzeitig betont die DGfN die Bedeutung der Früherkennung. „Wir müssen gemeinsam mit Hausärztinnen, Kardiologen und Diabetologinnen die Früherkennung von CKD stärken“, so Kuhlmann. „Nur so lässt sich langfristig der Bedarf an Dialyse – und damit an Fachpersonal – reduzieren.“