Faktor für Entwicklung der Blut-Hirn-Schranke identifiziert

Gewebe, das später den Kopf bildet: Links die Zellen mit aktivem Hunchback in intaktem Gewebe, rechts das gleiche Gewebe von Fliegen, in denen die Funktion von Hunchback ausgeschaltet wurde. (Foto: Universität Göttingen)

Das sogenannte Hunchback-Protein spielt offenbar eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Blut-Hirn-Schranke. Das konnten Forscher der Universität Göttingen nun an der Taufliege Drosophila zeigen.

Die Existenz des Hunchback-Proteins ist seit langem bekannt. Biologen der Universität Göttingen konnten nun aber erstmals zeigen, dass der Verlust der Funktion in der Taufliege Drosophila melanogaster dazu führt, dass die Blut-Hirn-Schranke nicht mehr funktioniert.

Die Göttinger Forscher hatten zunächst alle Gene identifiziert, die aktiv an der Entwicklung des komplexen Auges der Taufliege beteiligt sind. Viele dieser Gene werden vom Hunchback-Protein reguliert, das Entwicklungsbiologen schon lange als wichtiger Faktor in der Embryonalentwicklung bekannt war, allerdings noch nicht in Zusammenhang mit der Entwicklung des Auges. „Von dieser Entdeckung motiviert, haben wir die Funktion des Proteins genauer untersucht“, erklärte die Erstautorin Montserrat Torres Oliva vom Johann-Friedrich-Blumenbach-Institut für Zoologie und Anthropologie.

Die Forscher fanden heraus, dass Hunchback in speziellen Gliazellen aktiv ist, die zunächst in das Auge einwandern, dort zur Entwicklung beitragen und anschließend das Auge in Richtung Gehirn verlassen. „Welche Aufgaben die Gliazellen dann dort erfüllen, war bislang völlig unklar“, erklärte der Leiter der Studie, Dr. Nico Posnien. Um das herauszufinden, schalteten die Biologen das Protein im Versuch ab. „Der Verlust der Hunchback-Funktion führte dazu, dass die Gliazellen nicht mehr korrekt gebildet werden konnten“, so die Wissenschaftler. „Und in Fliegen mit unvollständigen Gliazellen war die Blut-Hirn-Schranke nicht intakt.“

Da die Blut-Hirn-Schranke der Taufliege ähnlich aufgebaut ist wie die des Menschen, können die Ergebnisse neue Impulse für die Erforschung von Krankheiten liefern, bei denen die Funktion der Blut-Hirn-Schranke beeinträchtig ist. Dazu zählen beispielsweise Multiple Sklerose und einige Arten von Schlaganfällen.

Originalpublikation:
Montserrat Torres O et al.: Plos genetics, 23. Januar 2018