Fallende Tonsillektomie-Raten: Zunehmende Streptokokken-Infektionen?

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Gibt es einen Zusammenhang zwischen der abnehmenden Anzahl von Tonsillektomien und der zunehmenden Anzahl von Einweisungen aufgrund von Tonsillitis sowie invasiver Infektion mit beta-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A (iGAS) bei Kindern unter 14 Jahren?

Dieser Frage gingen britische HNO-Ärzte nach und führten eine Querschnittsstudie durch, die den Zeitraum von 1991 bis 2014 abdeckte. Während in ganz England in den Jahren 1990/1991 noch 28.309 Tonsillektomien durchgeführt wurden (Kinder und Erwachsene zusammengenommen), waren es 2013/2014 nur 6327; dies entspricht einer Reduktion um 77,4 %. Die vom Rückgang der Tonsillektomien am stärksten betroffene Altersgruppe waren Kinder zwischen 5 und 9 Jahren (87,6 %).

Betrachtete man alle Kinder unter 15, betrug die jährliche Abnahme 30 %. Im gleichen Zeitraum kam es den Forschern zufolge zu einem dramatischen Anstieg der Klinikeinweisungen wegen akuter Pharyngitis/Tonsillitis. Der stärkste Zuwachs betraf die Gruppe der über 15-Jährigen. Die Untersuchung zeigte, dass auch die Zahl der Infektion mit beta-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A (iGAS) zwischen 1990 und 2014 stetig angestiegen war: Bei den über 15-Jährigen hatte sich die Anzahl fast verdreifacht (von 426 auf 1271 Fälle), bei den Kindern unter 15 immerhin mehr als verdoppelt (von 94 auf 206 Fälle). Die Korrelation zwischen Tonsillitiden und iGAS-Fällen war am stärksten bei den Kleinkindern zwischen 1 und 4 Jahren und bei Kindern zwischen 10 und 14 Jahren.

Es scheint, so die Autoren, einen Zusammenhang zwischen der Abnahme der Tonsillektomien und der Zunahme von Einweisungen aufgrund von Tonsillitis und zunehmenden iGAS-Infektionen in England zu geben. Weitere Studien seien notwendig, um den ätiologischen Effekt der Tonsillitis als prädisponierenden Faktor bei iGAS-Infektionen zu klären und den gesundheitspolitischen/ökonomischen Nutzen von Tonsillektomien näher zu bestimmen. (am)