Fettzellen helfen bei der Reparatur geschädigter Nerven

Mikroskopischer Querschnitt durch ein peripheres Nervenbündel (dunkelblau), welches hunderte von Schwann-Zellen ummantelte Nervenfasern enthält. In der Nachbarschaft des Nervs sind zahlreiche große Fettzellen (hellblau) zu sehen. Foto: ©Fledrich/Stassart

Die Verletzung peripherer Nerven im Körper kann Schmerzen und Bewegungsstörungen zur Folge haben. Wie sich geschädigte Nerven besser regenerieren können, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätsmedizin Leipzig aktuell untersucht. 

Periphere Nerven werden häufig im Rahmen akuter Verletzungen geschädigt, etwa bei Unfällen. In der Folge leiden Betroffene unter einem Verlust der Muskelkraft oder unter sensiblen Problemen wie Taubheitsgefühlen oder Schmerzempfinden. Dabei verfügen periphere Nerven prinzipiell über ein ausgeprägtes Regenerationspotential. Eine vollständige Wiederherstellung der Nervenfunktion ist jedoch trotzdem selten – aus Gründen, die bisher nicht hinreichend verstanden sind.

Bei einer Quetschung oder Durchtrennung eines Nervs sterben die einzelnen Nervenfasern, die von der Schädigung betroffen sind, zunächst ab. Grundsätzlich besitzen sie aber die Fähigkeit, erneut auszuwachsen und vollständig zu regenerieren. Abhängig sind sie dabei von den die Nervenfasern umgebenden Schwann-Zellen. Diese sterben nach einer Nervenverletzung nicht ab, sondern sind dafür verantwortlich, den Abbau wie auch das erneute Auswachsen der Nervenfasern zu ihren ursprünglichen Gebieten hin zu koordinieren. Schwann-Zellen nehmen somit eine Schlüsselrolle für den Reparaturprozess ein. Bisher war aber unbekannt, wie diese Zellen die enorme Stoffwechselbelastung, die mit dem Abbau und dem Wiederaufbau des Nervengewebes einhergeht, bewältigen. Forschende der Universitätsmedizin Leipzig haben nun herausgefunden, dass Schwann-Zellen bei der Nervenreparatur von dem Fettgewebe, welches die Nerven im Körper umgibt, entscheidend unterstützt werden. Mithilfe genetisch veränderter Mäuse gelang ihnen dabei der Nachweis, dass hierfür der Botenstoff Leptin eine wesentliche Rolle spielt.

Anteile des geschädigten Nervengewebes als Energiesubstrat

Robert Fledrich. Foto: ©Katarina Werneburg/Universität Leipzig

Leptin wird vor allem von Zellen des Fettgewebes produziert und ist bisher im Ernährungskontext für seine appetitzügelnde Wirkung bekannt. Überraschenderweise zeigte sich im aktuellen Forschungsprojekt, dass die Leptin-Signalwirkung auch einen wichtigen Faktor für die Reparatur verletzter Nerven durch Schwann-Zellen darstellt. „Das Leptin der Fettzellen regt den Energiehaushalt regenerierender Schwann-Zellen an, indem es deren Mitochondrien stimuliert”, erklärt Dr. Robert Fledrich vom Institut für Anatomie an der Universität Leipzig, einer der beiden Studienleiter.

Ruth Stassart Foto: ©Antje Gildemeister Fotografie/Universität Leipzig

„Gleichzeitig nutzen die Mitochondrien der Schwann-Zellen dabei Anteile des geschädigten Nervengewebes als Energiesubstrat, damit eine erfolgreiche Regeneration stattfinden kann”, ergänzt Prof. Dr. Ruth Stassart vom Paul-Flechsig-Institut für Neuropathologie am Universitätsklinikum Leipzig, Co-Leiterin der Studie. Der Stoffwechsel der Schwann-Zellen wird so optimal für die Nervenregeneration ausgerichtet und begünstigt damit maßgeblich die Wiederherstellung der ursprünglichen Nervenfunktion, wie die beiden Experten erläutern. 

Die Kommunikation zwischen Fettzellen und Schwann-Zellen könnte dabei möglicherweise neue therapeutische Optionen eröffnen, die den Stoffwechsel der Reparaturzellen bei Nervenschädigungen positiv beeinflussen. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhoffen sich somit, dass die neuen Erkenntnisse dazu beitragen, die meist schlechte Regeneration geschädigter Nerven im Menschen in Zukunft zu verbessern.