Fibroblasten als Treiber der Therapieresistenz bei Prostatakrebs7. Januar 2025 Tumor-Mikroumgebung mit Fibroblasten (Symbolbild, KI-genriert): Niken – stock.adobe.com Ein Forschungsprojekt aus Österreich und der Schweiz nimmt die Zellen aus dem Tumorumfeld von Prostatakrebs ins Visier, denn dort liegen oft die Gründe für eine Therapieresistenz. Um neue Strategien zur Überwindung von Therapieresistenzen zu entwickeln, greifen die Forscher auf eine umfangreiche Biobank zurück. „Unsere Biobank umfasst mehr als 400 Zelllinien von tumorassoziierten Bindegewebszellen, Fibroblasten, aus über 100 Patientenproben. Das bietet uns eine Plattform, um das Fortschreiten des Krebses zu untersuchen und neue Medikamente zu testen“, sagt Natalie Sampson, Forscherin an der Universitätsklinik für Urologie der Medizinischen Universität Innsbruck (Österreich). Neue Biobank zeigt Stadien des Krebsfortschritts Bereits jetzt konnte das Team in dem Probenmaterial bestimmte Subtypen der krebsassoziierten Fibroblasten identifizieren. Die Forschenden vermuten, dass die entdeckten Zelltypen einen entscheidenden Einfluss auf den Krankheitsverlauf und die Resistenzentwicklung haben. Die Ergebnisse werden derzeit zur Publikation aufbereitet. Insgesamt verdeutlichen die gesammelten Zelllinien, welche dynamischen Veränderungen das Tumorumfeld durchläuft. So schütten die umgebenden Bindegewebszellen im frühen Tumorstadium entzündungsfördernde Botenstoffe aus und tragen eher dazu bei, die Krebsentwicklung zu bremsen. Im weiteren Verlauf wandeln sie sich jedoch in tumorfördernde Subtypen um und bilden unter anderem das Matrixgewebe des Tumors, das ihm seine Festigkeit verleiht, vor dem Zugriff von Immunzellen schützt und die Medikamentenaufnahme durch die Tumorzellen beeinträchtigt. Gleichzeitig verändern sich die Bindegewebszellen hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit gegenüber aktuellen Therapieansätzen. Der Androgen-Rezeptor als Schlüsselfaktor „Die Prostata ist ein Zielorgan im Hormonsystem und hängt von männlichen Steroidhormonen wie Androgen ab. Deshalb versucht man in der Therapie, die Wirkung dieses Hormons auf die Tumorzellen zu hemmen“, erläutert Sampson eine der wichtigsten verbleibenden Optionen, wenn Operation oder Bestrahlung erfolglos bleiben. Es zeigt sich aber, dass der früh aktivierte Subtyp der krebsassoziierten Fibroblasten ebenfalls den Rezeptor für Androgen trägt. In späteren Stadien der Aktivierung von Fibroblasten wird die Produktion dieses Rezeptors unterdrückt, wodurch dieser tumorfördernde krebsassoziierte Fibroblasten-Subtyp resistent gegen Androgen-gerichtete Therapien macht. Somit könnten Therapieansätze, die auf den Androgen-Rezeptor der Krebszellen abzielen, ungewollt zum Fortschreiten des Tumorumfelds führen, vermutet Sampson. Die Forscherin plädiert für ganzheitliche Therapieansätze: „Tumoren sind komplexe Ökosysteme, die auf Kommunikationsnetzwerke zwischen verschiedenen Zelltypen angewiesen sind. Es reicht nicht aus, nur die Tumorzellen zu behandeln. Wir müssen auch die Interaktionen mit dem umliegenden Gewebe kappen, um den Tumorzellen diese kritischen Fluchtwege zu entziehen, damit die verfügbaren Therapien besser wirken können.“ Bedeutende Rolle der Mikroumgebung Für Sampson ist wesentlich, dass die Erforschung einzelner Krebsarten auch zum Verständnis der fundamentalen Mechanismen von Krebs beiträgt. „Unsere Erkenntnisse über den Umbau des Bindegewebes gelten nicht nur für das Prostatakarzinom, sondern auch für andere solide Tumoren“, betont sie. Die Erforschung der Mikroumgebung von Tumoren hat in den letzten Jahren einen Perspektivenwechsel in der Krebstherapie bewirkt. Weltweit laufen zahlreiche klinische Studien zu verschiedenen Krebsarten. Sie untersuchen, wie sich Strategien gegen Tumorzellen mit Ansätzen kombinieren lassen, die auf die Tumormikroumgebung abzielen. „Mit unserer Biobank können wir zur Medikamentenentwicklung beitragen. Derzeit testen wir Wirkstoffe auf ihre Fähigkeit, den Übergang vom frühen zum späten Aktivierungsstadium der Fibroblasten zu verhindern. Wir sind sogar in der Lage, fortgeschrittene Stadien in eine deaktivierte Form zurückzuverwandeln – vorerst nur im Labor“, beschreibt Sampson die Anwendungsmöglichkeiten. Darüber hinaus beschäftigt die Forscherin die Frage, wie sich Resistenzen frühzeitig erkennen lassen. Sie hofft, dass die Biobank und das Verständnis über die Aktivierungsstadien von Fibroblasten zu neuen Methoden führen, um Patienten rechtzeitig über ein erhöhtes Risiko zu informieren. „Die Biobank ist eine wertvolle Ressource und für unsere Forschung ein großer Schritt in die richtige Richtung. Dafür sind wir auch den Patienten dankbar, die bereit waren, Gewebe für die Forschung zur Verfügung zu stellen“, betont Sampson. Das Projekt „Therapieresistenz beim Prostatakarzinom“ ist ein Kooperationsprojekt mit einer Forschungsgruppe aus Bern. Es läuft bis Mitte 2025 und wird vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert. (FWF/ms)
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