Flussblindheit: Durchbruch mit bekanntem Antibiotikum?

Flussblindheit ist eine durch Fadenwürmer (Onchocerca volvulus) verursachte Infektionskrankheit, die von Kriebelmücken übertragen wird. Der eingedrungene Fadenwurm produziert Larven, die sich im Bindegewebe ablagern und den ganzen Körper durchwandern – so auch bis zu den Augen. Illustration: © n0M3rCy – stock.adobe.com

Eine internationale Forschungsgruppe hat unter Beteiligung des Universitätsklinikums Bonn (UKB) eine klinische Studie gestartet, die einen neuen Behandlungsansatz gegen Flussblindheit (Onchozerkose) untersucht.

Flussblindheit gilt als eine vernachlässigte Tropenkrankheit, von der Millionen Menschen in Afrika betroffen sind. Im Zentrum der Studie steht ein altbekanntes Medikament: Fusidinsäure – ein Antibiotikum, das bislang gegen bakterielle Infektionen eingesetzt wird. Nun soll geprüft werden, ob es auch als kurzzeitige und sichere Heilbehandlung gegen Flussblindheit wirken kann. Ziel ist es, mit nur sieben Tagen Behandlung den parasitären Wurm abzutöten, der die Krankheit auslöst.

Die FAME-Studie (Fusidic Acid Macrofilaricide Evaluation) wird unter anderem von der Universität Bonn, der Liverpool School of Tropical Medicine, der Universität Buea (Kamerun) und weiteren Partnern durchgeführt. Sie wird mit rund 4,9 Millionen britischen Pfund von der Europäischen Initiative für klinische Studien in Entwicklungs- und Schwellenländern (European and Developing Countries Clinical Trials Partnership = EDCTP) gefördert. In Deutschland liegt die wissenschaftliche Leitung in den Händen von Prof. Achim Hörauf, Direktor des Institutes für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie am UKB, sowie Dr. Ute Klarmann-Schulz, Gruppenleiterin am selben Institut.

Eine Krankheit mit dramatischen Folgen

Flussblindheit ist eine durch Fadenwürmer verursachte Infektionskrankheit, die über die Stiche von Kriebelmücken übertragen wird. Sie betrifft derzeit etwa 21 Millionen Menschen, vor allem in subsaharischen Afrika, und kann zu Erblindung, schweren Hauterkrankungen und neurologischen Symptomen führen. Ganze Regionen sind dadurch in ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung stark eingeschränkt.

„Die Krankheit ist nicht nur medizinisch eine Herausforderung – sie raubt den betroffenen Gemeinschaften Bildung, Arbeitskraft und Lebensqualität“, so Hörauf. „Mit der FAME-Studie wollen wir zeigen, dass es möglich ist, mit einem einfacheren und kürzeren Behandlungsansatz gegen die Erreger vorzugehen – auf Basis unserer langjährigen Forschung.“

Hörauf und sein Team am UKB hatten bereits vor rund 20 Jahren maßgeblich zur Etablierung von Doxycyclin als Behandlung bei Wurmerkrankungen beigetragen. Nun arbeitet er erneut mit Partnern aus Liverpool, Kamerun und Ghana an der nächsten Generation von Therapien.

Innovativer, internationaler Forschungsansatz

Die Studie ist Teil des größeren Programms des Anti-Wolbachia-Konsortiums und wird durch die EDCTP gefördert. Neben dem UKB gehören die Liverpool School of Tropical Medicine, die Universität Buea in Kamerun und die Drugs for Neglected Diseases initiative in der Schweiz zu den Projektpartnern.

Prof. Joe Turner, Koordinator der Studie in Liverpool, betont: „Ein sicheres und erschwingliches Behandlungsmittel wie Fusidinsäure wäre ein echter Wendepunkt im Kampf gegen Flussblindheit.“ Neben der Wirksamkeit der Therapie wird die Studie auch moderne Technologien einsetzen – darunter Künstliche Intelligenz zur Parasitenanalyse und neue biologische Marker, um die Wirkung der Behandlung schneller zu erkennen. Gleichzeitig verfolgt FAME auch das Ziel, die Forschungskapazitäten in Afrika zu stärken. Junge Wissenschaftler werden im Rahmen der Studie in State-of-the-Art-Methoden der klinischen Forschung ausgebildet. Prof. Sam Wanji, Studienleiter in Kamerun, ergänzt: „Das Projekt zeigt, was durch internationale Zusammenarbeit erreicht werden kann. Wir hoffen, mit dieser Studie einen entscheidenden Beitrag zur Ausrottung von Flussblindheit zu leisten.“