Förderung für weltweit zugängliche Schnell-Identifikation von Tumorzellen

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Eine Kombination aus neuer Labortechnologie und Künstlicher Intelligenz soll eine schnelle und präzise Unterscheidung von Untergruppen von Hirntumoren flächendeckend verfügbar machen.

Daran arbeitet eine internationale Forschungsgruppe unter Federführung von Prof. Felix Sahm von der Neuropathologie des Universitätsklinikums Heidelberg und der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg. Das Projekt wird innerhalb einer EU-Ausschreibung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund einer Million Euro gefördert.

Das Projekt heißt „DC2M-TAEC: Detection, Classification, Characterization and Treatment Monitoring of Tumors by Accessible Epigenetic Classification“. Die Forschenden wollen Methoden entwickeln, um weltweit schneller und einfacher bestimmen zu können, welche Art von Hirntumor vorliegt. Gleichzeitig soll es in Zukunft einfacher werden, herauszufinden, wie Ärzte den Tumor gezielter und effektiver behandeln können, indem das Team bestimmt, gegen welche Therapien der Tumor resistent ist.

Koordinator und Gesamtprojektsprecher ist Sahm, stellvertretender Ärztlicher Direktor der Abteilung für Neuropathologie des Pathologischen Instituts des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD). Beteiligt sind zudem das Oslo University Hospital in Norwegen, die Acibadem University in Istanbul, Türkei, sowie das University Health Network aus Toronto, Kanada.

Verfahren optimieren

Die Wissenschaftler bauen auf einem bereits in Vorarbeiten am UKHD und an der Medizinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg (MFHD), dem Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ) und dem Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) entwickelten KI-gestützten molekularen Diagnoseverfahren auf: Bei diesem diagnostiziert und klassifiziert ein Algorithmus zuverlässig Tumormaterial anhand der Methylierung der Krebszellen.

„Die Software ist bereits weltweit frei für wissenschaftliche Zwecke zugänglich, jedoch ist die Erhebung der Daten, die in die Software gefüttert werden, noch langwierig. Mit DC2M-TAEC werden wir ein schnelleres und leichter zugängliches Verfahren entwickeln“, erläutert Sahm. „Dabei sollen Analyseergebnisse aus den Gewebeproben sehr schnell zur Verfügung stehen, möglichst bereits während der Operation.“

Dafür kombiniert das Team den bereits entwickelten Methylierungsklassifikator mit der Nanopore-Sequenzierung. Bei diesem speziellen DNA-Analyseverfahren ist aufgrund spezifischer Spannungsveränderungen jeder der vier Bausteine (Basen), aus denen sich die DNA zusammensetzt, genau erkennbar und damit auch die jeweilige DNA-Sequenz der Tumorzellen. Indem die Experten den Methylierungsklassifikator und die Nanopore-Sequenzierung optimal kombinieren, können sie zukünftig entsprechende Labore „viel günstiger und schneller einrichten. Auch die Analysen an sich sind damit schneller durchführbar“, erklärt Sahm. Das Projekt soll über einen existierenden Prototyp hinaus eine regelmäßige Anwendung während der Operation, aber auch an anderen Proben, z.B. Nervenwasser, ermöglichen.

Weiterentwicklung verschiedener Aspekte

Die Heidelberger Gruppe wird sich auf die bioinformatischen Aspekte der Methylierungs-Klassifizierung konzentrieren und deren Algorithmus so anpassen, dass er verschiedene Datentypen als Eingabe akzeptiert. Zudem testen und optimieren die Forschenden das Klassifizierungswerkzeug für die Analyse einzelner, isolierter DNA-Nanopore-Daten, um epigenetische Veränderungen im und um den Tumor im Laufe der Zeit zu untersuchen.

Die Kollegen in Oslo optimieren die Probenaufbereitung und Sequenzierung für die Klassifizierung während der Operation. Das Team aus Istanbul testet, ob das Verfahren in Ländern mit geringen und mittleren Einkommen gut umsetzbar ist. Die Forschenden aus Toronto werden die Nanopore-Sequenzierung für die Analyse von Flüssigbiopsien, z.B. Blutproben oder Rückenmarksflüssigkeit, weiterentwickeln, um bereits vor der Operation den Tumor genau klassifizieren zu können.

Das DC2M-TAEC-Projekt soll am 4. März 2025 starten und läuft fünf Jahre. Das Konzept setzte sich bei der TRANSCAN-3-Ausschreibung der Europäischen Union (EU) durch, mit dem diese jährlich Forschungsprojekte rund um die Krebsdiagnostik und -therapie fördert. Geldgeber in Deutschland ist das BMBF. Insgesamt wurden in Abstimmung mit der EU 13 Projekte ausgewählt, die zusammen knapp 17 Mio. Euro erhalten. Bei allen geht es darum, Erkenntnisse der Krebsepigenetik in die klinische Praxis zu überführen.