Forscher finden frühen Antreiber der Aggressivität von Prostatakrebs

PROX1-Expression in doppelt negativem Prostatakrebs. Foto: Michael C. Haffner, Fred Hutchinson Cancer Center

US-Forscher haben ein Gen identifiziert, das eine Schlüsselrolle bei Prostatakrebszellen spielt, die in eine aggressivere, behandlungsresistente Form übergegangen sind. Das Gen lässt sich indirekt mit einer bekannten Medikamentenklasse hemmen.

„Patienten, deren Prostatatumoren ihre Abhängigkeit vom Androgenrezeptor verlieren, geht es schlecht. Unsere Ergebnisse legen einen therapeutischen Ansatz für Patienten nahe, deren Tumore diese Veränderung durchgemacht haben“, sagte der leitende Studienautor Dr. Joshi J. Alumkal, vom Rogel Cancer Center der University of Michigan (USA).

Die Arbeit baut auf früheren Studien auf, die zeigten, dass Prostatakrebszellen einen Prozess namens „Linienplastizität“ durchlaufen, bei dem sie resistent gegen Medikamente werden, die den Androgenrezeptor ansteuern. In der neuen Studie unter der Leitung von Dr. Zhi Duan untersuchte das Team, welche Faktoren diesen Übergang verursachen könnten. Sie identifizierten das Gen PROX1, das sowohl in normalen Zellen als auch in Krebszellen eine Rolle bei der Bestimmung der Zellidentität spielt. Das Team fand heraus, dass PROX1 beim Übergang von Prostatakrebszellen zu einer anderen Zellidentität stärker exprimiert wird.

Entscheidender Faktor bei der Linienplastizität

Ihre Studien begannen mit der Untersuchung von Tumorbiopsien von Patienten, die den Vorgang der Linienplastizität durchlaufen hatten. PROX1 war dabei das am stärksten hochregulierte Gen. Durch die Untersuchung von Hunderten von Patiententumoren entlang des Kontinuums der Linienplastizität bestätigten sie PROX1 als frühen Marker für dieses Phänomen. Die Forscher fanden heraus, dass Tumoren mit geringer Aktivität des Androgenrezeptors (sog. doppelt negatives Prostatakarzinom) sowie Tumoren, welche die Expression des Androgenrezeptors vollständig verlieren (sog. neuroendokrines Prostatakarzinom), PROX1 aktivieren.

In weiteren Experimenten zeigte das Team, dass die PROX1-Expression invers mit der Androgenrezeptor-Expression in Tumordatensätzen von Prostatakrebspatienten korrelierte. Die Zugabe von PROX1 zu Prostatakrebszellen schaltete auch den Androgenrezeptor ab.

„Wir vermuten, dass PROX1 den Androgenrezeptor reguliert. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum der Androgenrezeptor abgeschaltet wird, wenn Tumore eine Linienplastizität durchlaufen und sich von der typischen glandulären Prostatakrebsidentität entfernen“, so Alumkal.

Ohne PROX1-Expression kein Krebswachstum

Anschließend eliminierte das Team die PROX1-Expression mit genetischen Methoden sowohl in doppelt negativen als auch in neuroendokrinen Prostatakrebszellen. Die Zellen stellten daraufhin ihr Wachstum ein und begannen abzusterben. Dies deutet darauf hin, dass die gezielte Behandlung von PROX1 ein wirksamer Weg zur Bekämpfung dieser Tumore sein könnte.

Eine Herausforderung besteht darin, dass das Protein PROX1 ein Transkriptionsfaktor ist, d. h. seine Funktion ist die Aktivierung von Genen. Dieser Proteintyp ist bekanntermaßen schwer mit Medikamenten anzugreifen. Auf der Suche nach einer Lösung untersuchte sich das Team die Proteine, mit denen PROX1 zusammenarbeitet.

„Wir untersuchten die Proteine, die an PROX1 binden. Zu den wichtigsten Partnern zählten Histon-Deacetylasen (HDACs). Wir vermuteten, dass diese sozusagen als Komplizen agieren. Wir stellten die Hypothese auf, dass HDACs mit PROX1 kooperieren könnten und dass die gezielte Behandlung von HDACs wie die gezielte Behandlung von PROX1 wirken könnte“, erklärte Alumkal.

Es ist bereits bekannt, dass HDACs eine Rolle bei Krebserkrankungen spielen. Mehrere HDAC-Inhibitoren wurden von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) für andere Krebsarten als Prostatakrebs zugelassen.

Indirekte Therapie durch Inhibitoren der Histon-Deacetylasen

Das Team stellte fest, dass PROX1-exprimierende Prostatakrebszellen sehr empfindlich auf HDAC-Inhibitoren reagierten und die Behandlung mit diesen Medikamenten das PROX1-Protein dezimierte. Mit abnehmender PROX1-Expression starben die Tumorzellen ab. Die Auswirkungen waren ähnlich wie bei der genetischen Entfernung von PROX1 aus den Zellen.

„Unsere Arbeit deutet darauf hin, dass PROX1 ein wichtiger früher Faktor ist, der von der Abhängigkeit vom Androgenrezeptor wegführt. HDAC-Inhibitoren können PROX1 blockieren und das Überleben aggressiver Prostatatumormodelle, die nicht mehr vom Androgenrezeptor abhängig sind, verkürzen. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass diese Medikamentenklasse für klinische Studien an Patienten mit aggressiven Prostatakrebs-Subtypen, für die es nur wenige Behandlungsmöglichkeiten gibt, priorisiert werden sollte“, betonte Alumkal.

(University of Michigan Rogel Cancer Center / ms)