Forschungsprojekt zur arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie: Welcher Sport ist erlaubt?

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Münchner Herzspezialisten entwickeln derzeit ein Trainingskonzept, dass es Menschen mit einer angeborenen arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie (ARVC) ermöglichen soll, sicher Sport zu treiben.

Mehr Lebensqualität dank Sport: Die allermeisten Menschen mit Herzproblemen profitieren von regelmäßiger Bewegung. Doch wer an der Erbkrankheit ARVC leidet, der steckt in einem großen Dilemma: Denn falsches Training kann tödlich enden. „Im schlimmsten Fall kann es zu heftigen Herzrhythmusstörungen kommen, die zum plötzlichen Herztod führen können. Doch zugleich haben insbesondere viele junge ARVC-Patienten das Bedürfnis, sich sportlich zu betätigen. Sie möchten nicht darauf verzichten“, weiß Professor Dr. Martin Halle, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und Ärztlicher Direktor der Abteilung für Präventive Sportmedizin und Sportkardiologie im TUM Klinikum (Technische Universität München).

Mit seinem Team aus Herzspezialisten und Sportwissenschaftlern arbeitet der Kardiologe derzeit an einem neuartigen Konzept, das Menschen mit dieser Erbkrankheit ein sicheres Training ermöglicht. Geplant sind konkrete Trainingsprogramme und eine App, um die Belastung optimal dosieren zu können. Die Deutsche Herzstiftung fördert das Forschungsprojekt mit 100.000 Euro.

Konkrete Handlungsempfehlungen gegen häufige Verunsicherung

ARVC ist eine Erbkrankheit, die in Deutschland etwa jeden 5000. Menschen betrifft. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie an die Kinder weitergegeben wird, beträgt unabhängig vom Geschlecht etwa 50 Prozent. Weil sich die Erkrankung meistens in der Pubertät auspräge, stelle sie die jungen Menschen vor eine große Herausforderung, hebt Halle hervor. Sehr häufig sind sie verunsichert und fragen sich, ob sie sich im Alltag überhaupt belasten und Sport treiben können – und falls ja wie. „Für diese Patienten möchten wir konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten. Sie zielen darauf ab, ihnen die Unsicherheit zu nehmen, ihre Lebensqualität und psychisches Wohlbefinden zu verbessern und Begleiterkrankungen zu verhindern“, erläutert Halle.

In der Ärzteschaft halte sich noch immer hartnäckig die Meinung, ARVC-Patienten sollten sicherheitshalber lieber grundsätzlich auf Sport verzichten, berichtet Sportkardiologe Halle. Diese Empfehlung sei allerdings nicht zielführend, weil sie viele junge Menschen frustriere und ihrer Lebenswirklichkeit diametral entgegenstehe. Zudem stehe einem kontrollierten moderat-intensiven Training meistens nichts im Wege. Allerdings seien genaue Pläne mit konkreten Empfehlungen zwingend erforderlich.

„Die Art der Belastung macht den Unterschied“

Nach den Erkenntnissen der Münchner Kardiologen und Sportwissenschaftler kommt es bei ARVC-Patienten entscheidend auf die Art der körperlichen Belastung sowie auf das individuelle Risikoprofil an. Die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) bleibt allgemein in ihrer Empfehlung (Krafttraining wird nicht explizit erwähnt) und unterscheidet zwischen „Genträgern ohne typische Befunde“ und solchen mit ausgeprägten Merkmalen der Herzmuskelerkrankung („phänotypische Ausprägung“).

Für beide Gruppen gilt: Leistungssport und hochintensiver Freizeitsport sollten vermieden werden. Bei einer phänotypischen Ausprägung sind milde bis moderate körperliche Aktivitäten unter bestimmten Voraussetzungen möglich – etwa wenn keine belastungsinduzierten Rhythmusstörungen, keine Synkopen oder kein Kreislaufstillstand vorliegen.

Halle und Kollegen postulieren, dass kurze Belastungen und Krafttraining wahrscheinlich eher unproblematisch sind. „Die Patienten sollten beispielsweise davon absehen, eine halbe Stunde zum Laufen zu gehen. Sie können aber durchaus mal eine Treppe hochsprinten, einen kurzen Power-Walk einlegen oder auch isometrische Übungen durchführen, beispielsweise Wandsitzen oder Hanteltraining. Mit dem von der Deutschen Herzstiftung unterstützten Forschungsprojekt wollen wir spezielle Trainingsprogramme entwickeln, die im Idealfall auch in eine App integriert werden können.“