Frank Buchholz erhält erneut höchstdotierten EU-Förderpreis für präzise Genom-Editierung

Für das Projekt DC-PGE erhält Frank Buchholz (TU Dresden) mit dem Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) die höchstdotierte europäische Förderung in Höhe von knapp 2,4 Millionen Euro. Foto: Sebastian Rose/ TUD

Forschende der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden um den Molekularbiologen Prof. Frank Buchholz wollen nun mit hochspezifischen Editierungs-Tools eine neue Klasse von Genom-Editierungs-Technologien entwickeln.

Die Aussicht auf Heilung von Erb- und Infektionskrankheiten lässt die Forschung auf dem Gebiet der Genom-Editierung, Englisch „Genome Editing“, rasant voranschreiten. Zahlreiche laufende klinische Studien und die Zulassung der ersten Genom-Editierungs-Therapie zeigen vielfältige Behandlungsmöglichkeiten für bisher als unheilbar geltende Krankheiten auf. In der Regel wird dafür versucht, den krankheitsverursachenden DNA-Abschnitt in der Wirtszelle zu reparieren.

Das Team um Buchholz plant, mit hochspezifischen Editierungs-Tools eine neue Klasse von Genom-Editierungs-Technologien entwickeln, die das Potenzial für lebensrettende Therapien erheblich erweitern. Für das Projekt DC-PGE (DNA-binding domain Conditioned Precision Genome Editing) erhält Buchholz mit dem Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) die höchst dotierte europäische Förderung in Höhe von knapp 2,4 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren. Dem Molekularbiologen ist es damit gelungen, seinen zweiten ERC Advanced Grant einzuwerben.

Die Entdeckung der Genschere CRISPR-Cas9 im Jahr 2012 kam für die Wissenschaft einer Revolution gleich. Mit Hilfe eines vergleichsweise einfachen Verfahrens wurde es möglich, das Erbgut von Pflanzen, Tieren und auch des Menschen gezielt zu verändern. 2020 erhielten die beiden Entdeckerinnen dieser Methode den Nobelpreis für Chemie. Mittlerweile wurde das Verfahren in zahlreichen klinischen Studien erprobt. Im Jahr 2024 erfolgte die erste Zulassung einer CRISPR-Cas9-basierten Gen-Therapie (Casgevy®) zur therapeutischen Behandlung von Sichelzellanämie und Beta-Thalassämie in der Europäischen Union.

Genetische Erkrankungen sicherer und genauer behandeln

Allerdings ist der Einsatz von CRISPR-Cas9 nicht ohne Risiko: Werden über die Zielstelle hinaus weitere Basenpaare im Genom verändert, kann dies unbeabsichtigte Mutationen mit potenziell unvorhersehbaren Folgen nach sich ziehen. Dies ist besonders im therapeutischen Bereich relevant. Als Reaktion auf diese Herausforderung haben Forschende alternative Technologien entwickelt, um diese sogenannten Off-target-Effekte zu minimieren und die Sicherheit und Spezifität der therapeutischen Editierungswerkzeuge zu erhöhen. Hier setzt das ERC-Projekt DC-PGE von Frank Buchholz an.

„Das DC-PGE soll dazu beitragen, genetische Krankheiten sicherer und genauer zu behandeln, indem präzise und flexible Änderungen an bestimmten Stellen des Genoms ohne unerwünschte Nebenwirkungen vorgenommen werden können“, erläutert Buchholz, PI des Projekts und Professor für Medizinische Systembiologie an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden sowie Leiter der translationalen Forschung am UniversitätsKrebsCentrum Dresden.

Therapeutische Werkzeuge, die diese Eigenschaften erfüllen, sind vollständig programmierbare DNA-Editierungsenzyme, die große DNA-Abschnitte durch Rekombination neu anordnen können, anstatt diese nur zu schneiden. Da diese präzise und effizient eingesetzt werden können und dabei nicht auf intrazelluläre Signalwege zugreifen müssen, geht ihre Anwendung auch über monogene Krankheiten hinaus und erweitert die Möglichkeiten der Gentherapie auf ein noch nie dagewesenes Niveau.

Obwohl es bereits Erfolge bei der Entwicklung solcher Enzyme zur präzisen Erkennung und Bearbeitung therapeutisch relevanter Zielsequenzen gegeben hat, war der Entwicklungsprozess bislang zu aufwändig, um das Verfahren in die breite Anwendung zu bringen.

Werkzeug wird nur aktiv, wenn die richtige Stelle im Genom erkannt wurde

DC-PGE zielt darauf ab, diese Schwäche zu beheben: „Wir haben sozusagen ein Werkzeug zur Genom-Editierung verbessert, indem wir einen ‚Sicherheitsschloss‘-Mechanismus hinzugefügt haben. Dieser Mechanismus sorgt dafür, dass das Genom-Editierungs-Werkzeug nur aktiv wird, wenn es vorher die richtige Stelle in der DNA erkannt hat. Dadurch wird die Genom-Editierung präziser, da das Werkzeug nur dort arbeitet, wo es soll. Diese Entdeckung ermöglicht die Entwicklung hocheffizienter und insbesondere sichererer Genom-Editierungswerkzeuge“, erläutert Frank Buchholz die Hintergründe.

Ziel der Dresdner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es, eine Plattform für die Erzeugung vollständig programmierbarer Genom-Editierungsenzyme zu schaffen, die nicht auf intrazelluläre DNA-Reparaturmechanismen angewiesen sind und welche nahezu jede genomische Sequenz direkt und präzise ansteuern können. Darüber hinaus soll die Designer Rekombinase RecMECP2 zur Behandlung des MECP2-Duplikationssyndroms, einer seltenen genetischen Störung, die zu schwerwiegenden Symptomen, wie der Beeinträchtigung des Immunsystems führt, als Machbarkeitsbeweis entwickelt werden.

„Dieser einzigartige Forschungsansatz kombiniert verschiedene Disziplinen und modernste Technologien, die das Potenzial haben, die therapeutischen Möglichkeiten der Genom-Editierung auf die nächste Stufe zu heben“, gratuliert Prof. Esther Troost, Dekanin der Medizinischen Fakultät. „Mit diesem Projekt markieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam mit Prof. Frank Buchholz einen weiteren wichtigen Fortschritt in diesem Bereich. Die ERC-Förderung unterstreicht hierbei nicht nur die Bedeutung dieses Vorhabens und die Exzellenz des PI, sondern auch die Expertise am Wissenschaftsstandort Dresden.“

„Insgesamt wird DC-PGE einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Verlängerung der Lebenserwartung leisten, indem es neue Wege zur Behandlung und Prävention von Krankheiten eröffnet, welche bislang schwer therapierbar waren“, ergänzt Prof. Uwe Platzbecker, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums.