Frauen erhalten im Vergleich zu Männern nach Herzinfarkt häufiger suboptimale Medikation

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Frauen sterben häufiger nach einem Herzinfarkt als Männer, weil ihnen oft nicht die Medikamente verschrieben werden, die sie benötigen. Dies ist das Ergebnis einer gerade auf „ACVC Essentials 4U“, einer wissenschaftlichen Plattform der European Society of Cardiology (ESC), vorgestellten Studie.

„Weibliche Herzinfarktpatienten erscheinen Ärzten möglicherweise anfälliger, da sie häufig älter als Männer sind, einen weniger kräftigen Körperbau haben und häufiger parallel an Erkrankungen wie Diabetes und Nierenerkrankungen leiden“, sagte der Studienautor Dr. Claudio Montalto von der Universität Pavia (Italien). „Ich denke, dass Mediziner deshalb potente Thrombozytenaggregationshemmer und eine aggressive Blutdrucksenkung vermeiden.“

An der prospektiven Studie nahmen 1523 Patienten teil, bei denen zwischen 2015 und 2017 ein Herzinfarkt diagnostiziert worden, darunter 471 (31%) Frauen und 1052 (69%) Männer. Die ihnen verschriebenen Medikamente wurden dokumentiert,  ebenso wie Kontraindikationen.

Frauen verstarben nach einem Herzinfarkt mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als Männer. Die Krankenhaussterblichkeit waren bei beiden Geschlechtern ähnlich, jedoch waren nach einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 264 Tagen mehr Frauen als Männer verstorben. „Ältere Studien haben bereits eine übermäßige Zahl von Todesfällen bei weiblichen Herzinfarktpatienten festgestellt, daher haben wir dieses Ergebnis erwartet“, berichtet Montalto.

Ein signifikant geringerer Anteil der Frauen erhielt bei der Entlassung eine optimale medizinische Therapie (55% der Frauen vs. 64% der Männer). Frauen wurden auch seltener invasiven Eingriffen unterzogen als Männer (71% der Frauen vs. 83% der Männer).

„Es ist allgemein bekannt, dass eine optimale medikamentöse Therapie und ein invasives Management mit einem erhöhten Überleben nach einem Myokardinfarkt verbunden sind“, erklärt Montalto. „Daher haben wir untersucht, ob weibliche Patienten ausschließlich aufgrund ihres Geschlechts ein schlechteres Überleben hatten – also aufgrund ihres genetischen und hormonellen Status und so weiter – oder wegen einer suboptimalen Behandlung.“

Eine multivariable Regression ergab, dass eine optimale medikamentöse Therapie nach einem Herzinfarkt unabhängig mit einer Abnahme der Gesamtmortalität um etwa 50 Prozent verbunden war, während das weibliche Geschlecht keinen unabhängigen Prädiktor für Tod nach einem Herzinfarkt darstellte.

„Unsere Studie legt nahe, dass bei Frauen nicht das Geschlecht an sich mehr Todesfälle verursacht, sondern der Umstand, dass sie weniger der empfohlenen Medikation erhalten“, konstatiert Montalto. „Tatsächlich wird durch die richtige Medikation das Sterberisiko fast halbiert.“

Montalto betont, dass eine der Stärken der Studie die Sammlung von Daten zu Kontraindikationen darstellt. „Dadurch konnten wir unterscheiden, ob die Nichtverschreibung eines Arzneimittels auf eine Kontraindikation zurückzuführen war oder nicht.“ Montaltos Fazit: „Eine angemessene Verschreibung von Medikamenten kann leicht verbessert werden, wenn die Empfehlungen der Leitlinien besser bekannt sind und Kontraindikationen für die medikamentöse Therapie stärker berücksichtigt werden. Unsere Studie zeigt, dass diese Maßnahmen das Ergebnis weiblicher Herzinfarktpatienten verbessern können.“

(ESC/ac)