Fruchtbarkeitsforschung: Eisprung erstmals von Anfang bis Ende gefilmt

Das Bild zeigt eine Eizelle kurz nach dem Eisprung neben dem Follikel. Quelle: C. Thomas, T. L. Marx et al. Copyright: Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften

Forschenden des Max-Planck-Instituts für Multidisziplinäre Naturwissenschaften (MPI) ist es zum ersten Mal gelungen, den gesamten Prozess des Eisprungs in Follikeln einer Maus in Echtzeit sichtbar zu machen.

Die von dem MPI-Team um Melina Schuh, Christopher Thomas und Tabea Lilian Marx neu etablierte Lebendzellmikroskopie-Methode ermöglicht es, den Vorgang mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung zu untersuchen, heißt es in der Pressemitteilung.

Zum Hintergrund: Während der fruchtbaren Phase einer Frau reifen pro Menstruationszyklus 15 bis 30 Eizellen in mit Flüssigkeit gefüllten Ausstülpungen, den Follikeln, heran. Dabei werden die Eizellen durch weitere spezialisierte Zellen im Follikel, die sogenannten Kumuluszellen, unterstützt. Doch nur der größte und am besten entwickelte Follikel schafft es bis zum Eisprung. Der Follikel reißt auf und die Eizelle wird in den Eileiter entlassen. Wird sie innerhalb von maximal 24 Stunden nach dem Eisprung erfolgreich von einer Spermienzelle befruchtet, wandert sie weiter zur Gebärmutter, um sich dort einzunisten. Die verbleibenden gereiften Eizellen baut der Körper ab.

Der Eisprung wird durch ein komplexes Zusammenspiel von Hormonen reguliert. Doch wie der eigentliche Vorgang des Eisprungs abläuft, ist noch immer wenig erforscht, heißt es in der Pressemitteilung des MPI. Der Eierstock liegt tief im Körperinneren und ist experimentell schwer zugänglich. Der Eisprung findet zudem in einem sehr engen Zeitfenster statt. Und nicht zuletzt lässt sich nicht vorhersagen, welcher der beiden Eierstöcke den nächsten Follikel liefert, heißt es weiter.

Eisprung in drei Phasen

Dem Forschungsteam ist es nun gelungen, den gesamten Vorgang des Eisprungs an isolierten Eierstockfollikeln aus Mäusen unter dem Mikroskop mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung live zu verfolgen. „Wir können dabei drei Phasen unterscheiden“, erläutert Max-Planck-Direktorin Melina Schuh, Leiterin der Abteilung Meiose. „Der Follikel dehnt sich aus, zieht sich zusammen und schließlich öffnet sich der Follikel und die Eizelle wird freigesetzt“, ergänzt sie.

Die erste Phase, die Follikel-Ausdehnung, wird durch das Freisetzen von Hyaluronsäure angetrieben. Unter dem Mikroskop verfolgten die Forschenden, wie sich die Größe und Form der Follikel während dieser Phase ändert. „Während des Eisprungs strömt Flüssigkeit in die Follikel ein, die ihn signifikant wachsen lässt“, berichtet Christopher Thomas, Co-Erstautor der im Fachmagazin „Nature Cell Biology“ erschienenen Studie. Hyaluronsäure sei für den nachfolgenden Eisprung unerlässlich, so der Zellbiologe weiter. Blockierten die Wissenschaftler die Produktion von Hyaluronsäure, dehnten sich die Follikel weniger aus und der Eisprung blieb aus.

Muskelzellen für Eisprung unerlässlich

Während der zweiten Phase, der Follikel-Kontraktion, sorgen glatte Muskelzellen in der äußeren Follikelschicht dafür, dass sich der Follikel zusammenzieht. Hemmte das Team die Kontraktion dieser Muskelzellen, zogen sich die Follikel weniger zusammen – mit ebenfalls gravierenden Folgen für die Eizelle. „Auch dann erfolgte kein Eisprung“, sagt Thomas.

„Wenn der Follikel reißt, was in der der dritten Phase passiert, wird die Eizelle freigesetzt und der Eisprung ist damit abgeschlossen“, erklärt Tabea Lilian Marx, Co-Erstautorin der Studie und Doktorandin in der Abteilung Meiose. „Die Oberfläche des Follikels wölbt sich vor und geht schließlich auf, sodass die Follikelflüssigkeit, die Kumuluszellen und als letztes die Eizelle freigesetzt werden“, fügt sie hinzu.

Unabhängige Prozesse beim Eisprung

Nach dem Eisprung schließt sich der Follikel wieder und bildet den Gelbkörper, der das Hormon Progesteron produziert. Dieses Hormon bereitet die Gebärmutter auf das Einnisten eines Embryos vor. Wird die Eizelle nicht befruchtet oder nistet sich die befruchtete Eizelle nicht ein, bildet sich der Gelbkörper nach 14 Tagen zurück. Ein neuer Menstruationszyklus beginnt.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Eisprung ein bemerkenswert robuster Prozess ist. Obwohl ein äußerer Reiz unerlässlich ist, um den Eisprung auszulösen, laufen die nachfolgenden Prozesse unabhängig vom Rest des Eierstocks ab, da alle Informationen im Follikel selbst enthalten sind“, erklärt Schuh.