Früher Rhythmuserhalt bei Vorhofflimmern schützt Patienten mit Schlaganfall-Geschichte vor Komplikationen27. Oktober 2022 Foto: © Stefan Schweihofer – Pixabay Menschen mit Vorhofflimmern und einer Schlaganfall-Vorgeschichte haben ein hohes Risiko für erneute Schlaganfälle und kardiovaskuläre Komplikationen. Eine Subgruppenanalyse der EAST – AFNET 4-Studie zeigt: Eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung ist für diese hoch gefährdete Patientengruppe sicher und besonders wirksam.1,2 Die EAST – AFNET 4 Studie (Early Treatment of Atrial Fibrillation for Stroke Prevention) hat untersucht, ob eine rhythmuserhaltende Therapie mittels Antiarrhythmika oder Katheterablation, wenn sie im ersten Jahr nach der Diagnose Vorhofflimmern begonnen wird, die Aussichten der Betroffenen verbessert. Das Hauptergebnis der Studie, das 2020 publiziert wurde3, zeigte, dass eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei Menschen mit Vorhofflimmern und Begleiterkrankungen kardiovaskuläre Ereignisse um 21 Prozent verringert. Eine frühzeitige rhythmuserhaltende Therapie mit Medikamenten und/oder Ablation führte im Vergleich zur üblichen Behandlung zu weniger Todesfällen, Schlaganfällen und Krankenhausaufenthalten wegen Verschlechterung einer Herzschwäche oder akutem Koronarsyndrom. In der Studie wurden 2789 Patienten mit kürzlich diagnostiziertem Vorhofflimmern (innerhalb eines Jahres nach Diagnose) und kardiovaskulären Risikofaktoren in den beiden Studiengruppen „früher Rhythmuserhalt (early rhythm control, ERC)“ und „übliche Behandlung (usual care, UC)“ über einen Zeitraum von fünf Jahren behandelt und beobachtet.3 Dr. Märit Jensen vom Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), die die Ergebnisse beim Weltschlaganfallkongress1,2 vorgestellt hat, erklärt den Hintergrund dieser Subgruppenanalyse der EAST – AFNET 4-Studie: „Zehn bis fünfzehn Prozent aller Patienten mit Vorhofflimmern haben eine Schlaganfall-Vorgeschichte. Sie haben ein sehr hohes Risiko, einen weiteren Schlaganfall oder kardiovaskuläre Komplikationen zu erleiden. Aufgrund ihres Alters, der Begleiterkrankungen und häufig wegen einer dauerhaften Behinderung nach einem Schlaganfall erhalten diese Patienten derzeit selten eine rhythmuserhaltende Therapie. Deshalb haben wir hier untersucht, ob eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei diesen Patienten sicher ist und unerwünschte kardiovaskuläre Folgen verhindern kann.“ 217 Teilnehmer (7,8 %) der EAST – AFNET 4-Studie hatten eine Schlaganfall-Vorgeschichte. Ihr mittleres Alter lag bei 71 Jahren, der Frauenanteil bei 44 Prozent, der mittlere CHA2DS2-VASc-Score (ein Maß für das Schlaganfallrisiko) bei 5. Von diesen 217 Patienten gehörten 110 (51 %) der ERC- und 107 (49 %) der UC-Studiengruppe an. Ein primärer Studienendpunkt – definiert als erstes Auftreten eines der Ereignisse Tod aus kardiovaskulärer Ursache, Schlaganfall oder Krankenhausaufenthalt wegen Verschlechterung einer Herzschwäche oder eines akuten Koronarsyndroms – ereignete sich bei 18 Patienten der ERC-Gruppe (3,7 pro 100 Personenjahre) und bei 33 Patienten der UC-Gruppe (7,4 pro 100 Personenjahre). Das Verhältnis der Ereignisraten lässt sich beschreiben durch eine Hazard Ratio von 0,52 (95 %-Konfidenzintervall 0,29–0,93). Ein primäres Sicherheitsereignis – Tod oder Schlaganfall oder eine schwerwiegende unerwünschte Folge der rhythmuserhaltenden Therapie – trat bei 17 Patienten der ERC-Gruppe (16 %) und bei 30 der UC-Gruppe (28 %) ein. Die Sterberate war bei Patienten mit frühem Rhythmuserhalt niedriger als bei denen, die die übliche Behandlung erhielten (10 % vs. 20 %). „Unter den Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfall-Vorgeschichte war die frühe rhythmuserhaltende Behandlung mit einem geringeren Risiko für unerwünschte kardiovaskuläre Folgen verbunden als die übliche Behandlung. Schwerwiegende Komplikationen der antiarrhythmischen Medikamente oder der Vorhofflimmer-Ablation bei früher rhythmuserhaltender Behandlung (3 %) waren nicht häufiger als bei den Studienteilnehmern ohne Schlaganfall-Vorgeschichte (5 %)“, kommentierte Jensen die Ergebnisse. Prof. Götz Thomalla, Leiter des Clinical Stroke and Imaging Forschungslabors am UKE und Co-Autor der Studie, sagte: „Diese Subgruppenanalyse verdeutlicht den Nutzen der frühen rhythmuserhaltenden Therapie zur Verhinderung kardiovaskulärer Komplikationen bei Patienten mit Vorhofflimmern, die bereits einen Schlaganfall hatten. Das unterstreicht die Bedeutung einer guten Zusammenarbeit zwischen Neurologen und Kardiologen in der Sekundärprävention bei Schlaganfallpatienten mit Vorhofflimmern.“ Der wissenschaftliche Leiter der EAST – AFNET 4-Studie, Prof. Paulus Kirchhof, UKE, kommt zu dem Schluss: „Die Ergebnisse dieser Analyse zeigen die besondere Wirksamkeit einer frühen rhythmuserhaltenden Therapie bei Patienten mit Vorhofflimmern und einer Schlaganfall-Vorgeschichte, einer Subgruppe mit bekanntem hohem Risiko für erneute Schlaganfälle und andere kardiovaskuläre Krankheiten und hohem Sterberisiko. Wichtig ist, der frühe Rhythmuserhalt erscheint genauso sicher wie bei Patienten ohne vorherigen Schlaganfall. Unsere Ergebnisse sprechen für eine frühe rhythmuserhaltende Behandlung bei Menschen mit Vorhofflimmern und Schlaganfall-Vorgeschichte zusätzlich zur Antikoagulation und Behandlung kardiovaskulärer Begleiterkrankungen.“ Seit der Veröffentlichung des Hauptstudienergebnisses im Jahr 2020, wurden verschiedene Subgruppenanalysen der EAST – AFNET 4-Studiendaten durchgeführt. Eine davon zeigte, dass der in der EAST – AFNET 4-Studienpopulation erzielte klinische Nutzen der frühen systematischen rhythmuserhaltenden Therapie unabhängig war von unterschiedlichen Behandlungsmustern bei den antiarrhythmischen Medikamenten und der Ablation, die innerhalb der Leitlinien-Empfehlungen angewandt wurden.4 Andere Subgruppenanalysen belegten den Nutzen des frühen Rhythmuserhalts für Menschen mit Vorhofflimmern und Herzschwäche5, für Menschen mit asymptomatischem Vorhofflimmern6, für unterschiedliche Formen des Vorhofflimmerns7, für Menschen mit mehreren Begleiterkrankungen8 und für Patienten mit einer genetischen Prädisposition10. Der Sinusrhythmus wurde als entscheidender Faktor für die Wirksamkeit der frühen rhythmuserhaltenden Therapie identifiziert.9
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