„Frustriert und maßlos enttäuscht“21. Oktober 2022 KBV-Vorstandsvorsitzender Andreas Gassen. Foto: Lopata/axentis.de Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband Fachkräfte Deutschlands (SpiFa) haben das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das am 20.10.2022 im Bundestag beschlossen wurde, scharf kritisiert. „Dieses Gesetz löst keine Probleme. Es mag die Finanzlage der Krankenkassen im kommenden Jahr stabilisieren, das Gesundheitswesen selbst hingegen wird geschwächt,“ so der SpiFa-Vorstandsvorsitzende Dr. Dirk Heinrich. „Mit diesem Gesetz lässt die Bundesregierung die entscheidenden Fragestellungen offen und ausnahmslos alle Akteure des Gesundheitswesens im Regen stehen. Dabei wünschen sich alle Beteiligten eine nachhaltig stabile Finanzierung, nicht zuletzt auch die Beitragszahlenden selbst.“ Woran sich die Ärzte vor allem stoßen: Die sogenannte Neupatientenregelung in der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung wird mit Wirkung zum 01.01.2023 gestrichen, die offene Sprechstunde wird budgetiert. Zugleich will die Ampelkoalition Anreize für eine schnellere Terminvergabe zu den Fachärzten über die Hausärzte oder die Terminservicestelle setzen. Damit ist der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen nicht zufrieden: „Das vermeintliche Zugeständnis der Ampelkoalition, durch die Terminservicestellen den Wegfall der Neupatientenregelung zu kompensieren, ist bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Die Abschaffung der Neupatientenregelung in Kombination mit der Beschränkung der Finanzierung der offenen Sprechstunde im Rahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes sorge dafür, die Lage der ambulanten Versorgung weiter zu verschlechtern, und sende das Signal, dass Praxen im Gegensatz zu Krankenhäusern keine angemessene finanzielle Ausstattung bekämen. Die KBV widerspricht Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD), nach dessen Ansicht sich die Neupatientenregelung nicht bewährt habe. Im Gegenteil sei die positive Wirkung der Neupatientenregelung “unbestritten”: Im ersten Quartal 2022 war die Zahl der Neupatientenfälle mit 27,1 Millionen so hoch wie noch nie seit Einführung der Regelung 2019, wie das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) kürzlich ermittelt hat. Die Ärzte werden die Einschränkungen nicht hinnehmen, glaubt Gassen: „Die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen, die aktuell mit immensen Kostensteigerungen zu kämpfen haben, sind frustriert und maßlos enttäuscht von diesem Beschluss. Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten Wochen zu weiteren Protesten gegen die Streichung der Neupatientenregelung und die damit verbundenen Folgen für die Versorgung der Patientinnen und Patienten kommen wird.“ Entbudgetierung: Tür zu? Der SpiFa macht in seinem Kommentar klar, worum es den Ärzten wirklich geht: Mit der Neupatientenregelung hat die Ärzteschaft einen Fuß in die Tür der Entbudgetierung bekommen, die jahrelang erklärtes Ziel war. Nun soll diese Tür wieder geschlossen werden. Im Zuge der Diskussion um den Wegfall der Neupatientenregelung sei im Kern deutlich geworden, dass eine Budgetierung ärztlicher Leistungen nicht zielführend sei, heißt es dementsprechend in der SpiFa-Pressemitteilung. “Sie ist nicht gerecht, sie benachteiligt vor allem Berufsgruppen in der fachärztlichen Grundversorgung und sie mündet letztendlich in einer schlechteren Versorgung von Patienten. Sie schreckt junge Ärztinnen und Ärzte vor der Niederlassung ab und bewegt Ärztinnen und Ärzte der älteren Generation, ihre Praxen nicht mehr übers Rentenalter hinaus weiter zu betreiben”, heißt es im Wortlaut. Doch SpiFa-Chef Heinrich ist offenbar hoffnungsvoll, dass mit dem aktuellen Gesetz der Entbudgetierungs-Traum noch nicht ausgeträumt ist: „Die Ampelkoalition hat sich in Ihrem Koalitionspapier auf den Einstieg in den Ausstieg aus der Budgetierung verständigt und plant das Ende der Budgetierung im hausärztlichen Versorgungsbereich. Es ist Zeit, dies zügig anzugehen und damit ein deutliches Signal an die Ärztinnen und Ärzte zu senden,“ so Heinrich weiter. (ms)
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