Fünf Kinder und ein Spenderherz

K. V. (Mi.) erhielt vor fünf Jahren eine Herztransplantation. Ihr kleiner Sohn kam nun am 2. Dezember gesund am UKL zur Welt. Die Freude bei ihr, aber auch bei Prof. Holger Stepan (re.), Leiter der Geburtsmedizin, und Oberärztin Dr. Elena Langer, war daher umso größer, sind Schwangerschaften nach Herztransplantation doch extrem selten, da mit vielen Risiken verbunden. Foto: © Stefan Straube/UKL

Eine 36-Jährige hat nach einer Herztransplantation am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) ein gesundes Baby natürlich entbunden.

Am UKL hat erstmals eine herztransplantierte Frau bei einer spontanen Geburt ein Kind zur Welt gebracht. Mutter und Kind sind gesund und wohlauf und konnten die Klinik zeitnah verlassen. Schwangerschaften nach Herztransplantation sind extrem selten, gelten sie doch wegen zahlreicher Risiken für Mutter und Fötus als Hochrisikoschwangerschaft. „Dank bester Betreuung der Schwangeren im Herzzentrum Leipzig und hervorragender Überwachung durch unsere UKL-Spezialisten gelang eine problemlose Geburt auf natürlichem Weg“, sagt Prof. Holger Stepan, Leiter der Abteilung Geburtsmedizin am UKL.

M. B. V. kam am 2. Dezember am Leipziger Universitätsklinikum auf die Welt – nicht per Kaiserschnitt und nicht als Frühchen. Was diese Nachricht so besonders macht, ist die Tatsache, dass seine Mutter K. V. im Jahr 2017 ein neues Herz transplantiert bekam. Es sind in Deutschland nur extrem wenige Fälle von Schwangerschaften nach der Transplantation eines Spenderherzens dokumentiert, nur wenige Daten sind darüber verfügbar. Auch am UKL war dies das erste Mal. Umso mehr freut sich Stepan über die reibungslose Schwangerschaft und Geburt: „Wir sind glücklich, Frau V. hat ein gesundes Kind geboren.“ 

M. B. ist der fünfte Spross der Familie. Die heute 36-jährige K. ist bereits Mutter dreier Mädchen und eines Jungen zwischen sechs und 16 Jahren, als sie nach der Geburt des vierten Kindes 2017 an einer schweren Herzschwäche nach Entbindung (peripartale Kardiomyopathie) litt. In Hannover bekam sie ein Kunstherz eingesetzt. Doch entstanden dadurch so viele gravierende Komplikationen, dass am Ende nur noch die Entscheidung für ein Spenderherz übrigblieb. „Das war damals knapp, ein Wettlauf mit der Zeit“, erinnert sie sich. 

Seit mehreren Jahren wird K. V. nun schon am Herzzentrum Leipzig von Prof. Sandra Eifert betreut. Nachdem die Entscheidung für ein weiteres Kind gefallen war, ging sie zu Dr. Elena Langer in die Spezialsprechstunde für Erwachsene mit Herzerkrankungen am UKL. „Dr. Langer und Prof. Stepan haben mich auf die Risikoschwangerschaft hingewiesen, mir gleichzeitig aber immer viel Mut gemacht“, berichtet V.. „Auch dank regelmäßiger Treffen in der Spezialsprechstunde und einem Netz engmaschiger Kontrollen war es nun am Ende eine unkomplizierte Geburt“, freut sich Langer, Oberärztin der UKL-Geburtsmedizin.

Als die Schwangerschaft in die entscheidende Phase eintrat, wurde V. bereits einige Tage früher als üblich stationär aufgenommen und kontinuierlich überwacht. Nach der problemlosen Geburt ihres Sohnes am Zweiten des Monats kam sie für die ersten 24 Stunden auf die Intensivstation – rein prophylaktisch, wie ihre Ärztin Langer betont. V. ist allen Beteiligten extrem dankbar für die tolle Leistung. „Das ist schon alles sehr spezifisch bei mir, das ist mir bewusst“, sagte sie. „Für das Kind ist entscheidend, dass es nicht zu früh auf die Welt gekommen ist, es ist ein reifes Kind, wie Geburtsmediziner sagen“, entgegnete Stepan. „Und nicht stillen zu können wegen der Medikamente, die die Mutter nehmen muss, ist heutzutage ein lösbares Problem.“

In Gedanken oft bei der unbekannten Organspenderin

Dieser Fall, so erklärt Stepan, sei ein Paradebeispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen Anästhesie, Neonatologie und Geburtsmedizin am UKL sowie dem HELIOS-Herzzentrum. Alles habe perfekt funktioniert, bedankte er sich. Besonders gilt das für Familie V. und die glückliche Mutter, die aber noch etwas anders beschäftigte. In Gedanken sei sie derzeit oft bei der ihr natürlich unbekannten Organspenderin: „Soweit ich es weiß, war es eine verunglückte junge Frau in den 20-ern“, sagte V.. „Irgendwie“, so meinte sie nachdenklich, „hat auch sie ein wenig dieses Kind bekommen. Diese Frau hatte ja vielleicht nie eine Chance gehabt.“ Nach den letzten Untersuchungen konnten Mutter und Kind am vergangenen Wochenende nach Hause entlassen werden. 

Information: Interdisziplinäre Sprechstunde für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH)

Auch herzerkrankte Frauen sollen ihren Kinderwunsch realisieren können. Diese Schwangeren und Wöchnerinnen sind hochkomplexe Patientinnen, die eine spezialisierte und interdisziplinäre Betreuung vor und während der Geburt brauchen. Sie sollen zentral und strukturiert zu Schwangerschaft und Geburt beraten und behandelt werden. Zusätzlich zu angeborenen Herzfehlern können sich hier auch Frauen mit anderen erworbenen Herzerkrankungen oder eben auch -transplantation vorstellen (Sprechstunde mittwochs 8 bis 15 Uhr unter der Leitung von OÄ Dr. Elena Langer; Telefonische Anmeldung über die Intensivschwangerenberatung: 0341/97 23 494).