Für eine bessere Migräneversorgung: Innovationsfondsprojekts MIGRA-MD gestartet2. Juni 2025 Symbolfoto: ©sebra/stock.adobe.com Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) startete jüngst das derzeit größte Versorgungsprojekt zur strukturierten Migränebehandlung in Deutschland: „MIGRA-MD – Strukturierte fachärztliche Migräneversorgung – multimodal und digital“. Das am 1. Juni angelaufene Vorhaben will in den kommenden vier Jahren mit digitalen Tools, multimodaler Edukation und Verbesserung leitliniengerechter Therapieentscheidungen die wichtigsten Lücken in der Migräneversorgung schließen. „MIGRA-MD soll eine leitliniengerechte, patientenzentrierte und deutschlandweite Behandlung etablieren, die sowohl Ärztinnen und Ärzte als auch Betroffene durch technologische Innovationen unterstützt“, sagt PD Dr. Ruth Ruscheweyh, DMKG-Präsidiumsmitglied und Leiterin des Projekt-Konsortiums am LMU Klinikum München. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fördert das wissenschaftliche Projekt aus dem Innovationsfonds der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit mehr als fünf Millionen Euro. Migräne ist mit acht bis zehn Millionen Betroffenen in Deutschland eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Trotz guter Therapieoptionen gibt es ein hohes Maß an Unter- und Fehlversorgung. Schulungen für Ärztinnen und Ärzte Eine Projektsäule ist die Schulung und Qualifizierung teilnehmender Ärztinnen und Ärzte: Sie durchlaufen eine von der DMKG zertifizierte Schulung zur leitliniengerechten Migränetherapie oder erwerben das umfassende Kopf- und Gesichtsschmerz-Zertifikat der DMKG. Diese speziellen Qualifikationen dienen laut der Fachgesellschaft dazu, standardisierte Behandlungsabläufe zu sichern und die Diagnosegenauigkeit zu verbessern. Digitale Schnittstelle Patient-Arzt Ein Kernelement von MIGRA-MD ist der weitere Ausbau der bereits existierenden digitalen Plattformen der DMKG: Die App und das Kopfschmerzregister. Mit der DMKG-App dokumentieren Patientinnen und Patienten bereits vor dem ersten Arzttermin ihre Symptome im elektronischen Kopfschmerzkalender und ergänzen diese Angaben durch einen webgestützten Fragebogen zu Vorbehandlungen und Begleiterkrankungen. Diese Daten fließen ins DMKG-Kopfschmerzregister, zu dem die behandelnden Ärztinnen und Ärzte patientenbezogen Zugriff erhalten – als Vorbereitung auf das Patientengespräch, für eine effiziente Anamnese und eine optimal abgestimmte Behandlung. Im Register können sie zudem datengestützte Leitlinienempfehlungen zu Akuttherapie, Prophylaxe, Zusatzdiagnostik und Verlaufsbeurteilung einsehen. Online-Patientenedukation und Veranstaltungen Ein wesentlicher, noch zu wenig berücksichtigter Eckpfeiler der Kopfschmerzbehandlung ist die nichtmedikamentöse Prophylaxe. „Psychosoziale Faktoren wie hohe Stressbelastung, zu wenig Pausen im Alltag, Angst vor Attacken, depressive Stimmung oder Bewegungsmangel können sich negativ auf Kopfschmerzen auswirken“, erklärt Ruscheweyh. Die Umsetzung nichtmedikamentöser Verfahren im Alltag kann Betroffenen allerdings kaum in einem einzelnen Arztgespräch vermittelt werden. Mehrtägige, multimodale Schmerz- und Kopfschmerzbehandlungen in Kopfschmerzzentren großer Städte stehen nicht flächendeckend zur Verfügung. MIGRA-MD soll diese Lücke durch ein standortunabhängiges, digitales Portal mit videobasierten Anleitungen für Entspannungstechniken, physiotherapeutischen Übungen und edukativen Inhalten zu Stressmanagement oder medizinischen Themen wie dem richtigen Einsatz von Medikamenten schließen. Ergänzt wird das Angebot durch regelmäßige virtuelle Patientenveranstaltungen mit einem Mitglied des DMKG-Expertennetzwerks. Digitale Vernetzung, Verlaufskontrolle und Evaluation Ferner soll MIGRA-MD die sektorenübergreifende Vernetzung mit aussagekräftigen Arztbriefen für Hausarztpraxen und die Option zur ärztlich angeforderten Mitbetreuung durch DMKG-Kopfschmerzexpertinnen und -experten für schwierige Fälle stärken. Verlaufskontrollen nach drei und sechs Monaten gewährleisten eine dynamische Therapieanpassung. Eine datengestützte Evaluation der Versorgungsqualität wird durch das seit 2020 etablierte DMKG-Kopfschmerzregister möglich, das Patientinnen und Patienten über die DMKG-App mit dem integrierten Kopfschmerzkalender einbindet. Laut einer Umfrage der DMKG vom März 2025 mit 1300 Patientinnen und Patienten würden mehr als 90 Prozent die DMKG-App weiterempfehlen. DMKG: Engagiert für bessere Kopfschmerzversorgung Der GKV-Innovationsfonds fördert wegweisende Projekte zur Verbesserung der medizinischen Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die jährliche Fördersumme beträgt 200 Millionen Euro. 80 Prozent der Mittel fließen in jährlich etwa 20 Projekte zu neuen Versorgungsformen. Der Fonds ist beim Gemeinsamen Bundesausschuss angesiedelt und wird von den gesetzlichen Krankenkassen und dem Gesundheitsfonds finanziert. „Die Förderung aus dem GKV-Innovationsfonds ist für die DMKG ein Meilenstein und eine großartige Anerkennung unseres kontinuierlichen Einsatzes für die Verbesserung der Kopfschmerzversorgung in Deutschland“, erklärt PD Dr. Lars Neeb, Präsident der DMKG. Die stark wachsende medizinische Fachgesellschaft arbeitet an dem Thema bereits seit dem Jahr 1979 mithilfe von Forschungsförderung, Fortbildungen, eigenen Kongressen, zahlreichen Tools für Kopfschmerzpatienten und deren Behandler und über die Initiative „Attacke! Gemeinsam gegen Kopfschmerzen“.
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