Für minderjährige „Systemsprenger“ fehlen Therapieplätze

In Deutschalnd finden viele gefährdete Jugendliche keine passende Therapie. (Foto: © Photographee.eu – stock.adobe.com)

Therapieplätze für Minderjährige mit extremem Verhalten sind in Nordrhein-Westfalen, aber auch bundesweit rar. Enge Aufnahmekriterien und fehlende Kapazitäten lassen viele gefährdete Jugendliche ohne passende Therapie zurück.

Sogenannte Systemsprenger – also Kinder und Jugendliche mit besonders herausforderndem Verhalten – finden kaum geeignete Therapieplätze. Das Unterangebot an geschlossenen Unterbringungsplätzen in Einrichtungen mit pädagogischem Schwerpunkt sei „ein dauerhaftes und flächendeckendes Problem“, antwortete die nordrhein-westfälische Landesregierung auf eine Anfrage aus der SPD-Landtagsfraktion. 

Vornehmlich fehlten Plätze für Minderjährige ab einem Alter von zwölf Jahren, heißt es dort. Vor allem für Minderjährige mit Drogenproblematik fehle es an ausreichenden Plätzen für die Zeit nach einer Entgiftung. Zudem seien mangelnde Therapieplätze für an Autismus leidende Kinder und Jugendliche, hartnäckige Schulverweigerer und für Jugendliche mit Störungsbildern, die mit sexualisierter Gewalt einhergingen, zu beklagen.

„Die jeweiligen – teils auch durch das geringe Platzangebot bedingten – engen Aufnahmekriterien beziehungsweise hohen Zugangsvoraussetzungen verhindern es häufig, einen Platz für besonders gefährdete und uneinsichtige Jugendliche mit ausgeprägter dissozialer Persönlichkeitsentwicklung zu finden“, erläuterte die Landesregierung.

Es fehlt an langfristigen Kapazitäten

In kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken seien hingegen für Akutfälle zumeist ausreichend Kurzzeitplätze vorhanden. Es fehle eher an längerfristig ausgerichteten Klinikplätzen.

In NRW stehen nach Angaben der Regierung derzeit grundsätzlich 66 Plätze zur geschlossenen Unterbringung im Bereich der Jugendhilfe zur Verfügung – allerdings ohne dort direkt angeschlossene Therapieplätze. Viele geschlossene Jugendhilfe-Einrichtungen kooperierten jedoch mit örtlichen Kinder- und Jugendpsychiatrien beziehungsweise niedergelassenen Ärzten und Therapeuten.

Problem besteht bundesweit

Das Versorgungsproblem bestehe bundesweit, heißt es in der Antwort. „Von den 16 Bundesländern halten lediglich Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern in nennenswertem Umfang Plätze zur geschlossenen Unterbringung in der Jugendhilfe vor.“ In Baden-Württemberg seien dies 66 und in Bayern 100 Plätze. Neun Bundesländer hätten dagegen überhaupt keine Plätze und in vier Bundesländern gebe es lediglich jeweils eine Einrichtung mit wenigen Plätzen.

Die SPD-Opposition forderte, weitere Kapazitäten zu schaffen. Die Zuständigkeit liege aber nicht bei der Landesregierung, sondern bei den Kommunen, stellte das federführend antwortende Justizministerium fest.