Fulminante Myokarditis: Kranke Herzmuskeln bestmöglich erkennen und behandeln

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Eine multizentrische Studie liefert neue Erkenntnisse zum Krankheitsverlauf, zur Prognoseabschätzung und zu den Risikofaktoren einer schweren Myokarditis. Die Ergebnisse wurden nun im „European Heart Journal“ veröffentlicht.

Eine fulminante Myokarditis verläuft in ca. 30 Prozent der Fälle tödlich. Für eine optimale Behandlung ist nicht nur eine kardiologisch-intensivmedizinische Unterstützung der Herzfunktion notwendig, sondern auch eine differenzierte Behandlung der auslösenden Faktoren. Die diagnostische Herangehensweise und das optimale Zusammenspiel passender Therapien ist jedoch bisher nicht ausreichend erforscht. Auch über den langfristigen Verlauf und die Risikofaktoren für die Mortalität ist bisher wenig bekannt.

Höhere Sterblichkeit bei Riesenzellmyokarditis

Genau an diesem Punkt setzt die internationale multizentrische Studie unter der Koordination des Universitätsklinikums Bonn (UKB) mit 26 europäischen Zentren an. Mit einer der bisher weltweit größten Kohorten für fulminante Myokarditis liefert die Studie unter der Leitung von Prof. Enzo Lüsebrink vom Herzzentrum des UKB neue Erkenntnisse zum Krankheitsverlauf, zur Prognoseabschätzung und zu den Risikofaktoren dieser schweren Erkrankung. Insgesamt wurden 271 Patienten in der Studie berücksichtigt.

Eine erste wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass Betroffene mit einer sogenannten Riesenzellmyokarditis – eine Sonderform, die ihren Namen aufgrund sehr großer Zellen in den Gewebeproben trägt – eine deutlich höhere Sterblichkeit aufweisen (50 %), als andere Untergruppen (ca. 30 %). Diese Daten weisen auf die große Bedeutung der frühen Gewebeentnahme zur Probengewinnung als einen zentralen Aspekt der Diagnostik der fulminanten Myokarditis hin.

Außerdem wurden das Alter und der anfangs gemessene pH-Wert als unabhängige Risikofaktoren für die Krankenhausmortalität identifiziert, welche wertvolle Informationen zur Prognose in der klinischen Praxis liefern können. Der Einsatz moderner aufwändiger Kreislauf-Unterstützungsverfahren könnte so noch zielgerichteter werden.

Gute Langezeitprognose bei Überlebenden

Eine dritte zentrale Information aus der Studie sind die Daten zum Langzeitverlauf. Bei den Betroffenen, die bis zur Entlassung überlebt haben, zeigten sich über die Folgejahre kaum weitere Todesfälle, und die anfangs stark reduzierte Herzleistung erholte sich. Auch die neurologische Funktion wurde bei der Mehrheit der Überlebenden als gut eingeschätzt. Insgesamt kann man somit von einer sehr guten Langzeitprognose nach Überleben der Akutphase sprechen.

Für die Autoren sind die Ableitungen aus der Studien eindeutig: „Die Langzeitergebnisse bei Betroffenen, die die Entlassung überleben, sind ausgezeichnet. Genau deswegen müssen wir Hochrisikopatientinnen und -patienten schnell identifizieren und die Behandlungsstrategien optimal steuern. Alter, pH-Wert und Gewebeentnahmen können uns dabei als prognostische Marker dienen“, erklärt Studienleiter Lüsebrink.

Frühe Biopsie anstreben

„Gerade die frühe Endomyokardbiopsie sollte bei klinisch vermuteter fulminanter Myokarditis angestrebt werden, da die histopathologischen Befunde eine entscheidende Rolle für das Management und die Prognose spielen“, ergänzt Prof. Georg Nickenig, Kardiologe und Direktor des Herzzentrums des UKB. „Denn so können wir therapeutische Konzepte und damit auch Behandlungsergebnisse bei allen Personen mit fulminanter Myokarditis perspektivisch verbessern.“