Funktion eines rätselhaften Synapsen-Proteins aufgeklärt24. November 2017 Die Signalübertragung an der Synapse benötigt eine hochkomplexe molekulare Maschinerie. (Foto: © Andrea Danti – Fotolia.com) Synaptotagmin 7 spielt eine wichtige Rolle für die Signalübertragung an GABAergen Synapsen im Kleinhirn und Hippokampus. Dies haben Österreichische Wissenschaftler herausgefunden. Die Signalübetragung an Synapsen benötigt eine hochkomplexe molekulare Maschinerie, zu denen neben dem Neurotransmitter eine ganze Bandbreite an weiteren Proteinen zählt, die als Sensoren, Effektoren, Modulatoren und Gerüste dienen. Synaptotagmine sind ein Teil dieser komplexen Maschinerie, und es gibt sie in unterschiedlichen Varianten: 17 verschiedene sind es beim Menschen und anderen Säugetieren. Die Funktion der meisten Synaptotagmine ist allerdings noch nicht geklärt. Ein Team von Neurowissenschaftlern, geleitet von Peter Jonas, Professor am Institute of Science and Technology Austria (IST Austria), hat nun geklärt, welche Rolle Synaptotagmin 7 während der Signalübertragung an einer inhibitorischen Synapse spielt. Danach stellt Synaptotagmin 7 die Effizienz von hochfrequenter inhibitorischer Übertragung an der Synapse sicher. Widersprüchliche Rolle in der Signalübertragung Erst Anfang dieses Jahres hatten Jonas und Chong Chen gezeigt, dass Synaptotagmin 2 der Kalziumsensor ist, der Synapsen schnell macht, die GABA zur Signalübertragung nutzen. In der neuen Studie wendeten sich die Forscher dem Synaptotagmin 7 zu. Das Gehirn enthält eine große Menge an Synaptotagmin 7. Bisher aber konnten Forscher die Funktion des Proteins nicht definieren. Ein Grund dafür ist der Widerspruch zwischen der Funktion, die Synaptotagmin 7 auszuüben scheint, und den beobachteten Charakteristiken der Signalübertragung. Synaptotagmin 7 scheint als Kalziumsensor zu dienen, der die Freisetzung eines langandauernden Schwalls von Neurotransmitter in den synaptischen Spalt vermittelt. Dieses Phänomen nennt man asynchrone Transmitterfreisetzung. Es gibt auch Anzeichen, dass Synaptotagmin 7 eine Rolle in der Fazilitation spielt, einer Verstärkung der Signalübertragung an der Synapse. Andererseits findet sich Synaptotagmin 7 in großen Mengen in einer Klasse von Neuronen, den schnell feuernden, Parvalbumin exprimierenden GABAergen Interneuronen. Diese Neurone bilden Synapsen, die den vorgeschlagenen Funktionen von Synaptotagmin 7 zu widersprechen scheinen: Die Synapsen setzen Neurotransmitter in einer eng synchronisierten Art frei, und nicht asynchron; außerdem zeigen sie eine Reduzierung der Neurotransmission während repetitiver Stimulierung, anstelle einer Fazilitation. In ihrer Studie lösen Chen et al. diesen scheinbaren Widerspruch auf. Synaptotagmin 7 reguliert den Informationsfluss im Kleinhirn Die Forscher untersuchten, wie sich die Signalübertragung verändert, wenn man Synaptotagmin 7 an einer inhibitorischen Synapse entfernt. Sie untersuchten die GABAerge Synapse zwischen Korbzellen (basket cells, BC) und Purkinjezellen (PC) im Kleinhirn. Dies zeigte, dass Synaptotagmin 7 tatsächlich zur asynchronen Transmitterfreisetzung, zum Nachschub von mit Transmitter gefüllten Vesikeln und zur Fazilitation beiträgt. Aber diese drei Funktionen schließen einander nicht gegenseitig aus, sondern bestehen an BC-PC Synapsen nebeneinander. Sorgfältige Analysen waren notwendig, um die Wirkungen von Synaptotagmin 7 zu entschlüsseln, da die asynchrone Transmitterfreisetzung gering ist und Fazilitation von synaptischer Hemmung (Depression) überlagert wird. Die Autoren konnten schließlich einen wesentlichen Unterschied im Ausmaß der Depression nachweisen. Wenn Synaptotagmin 7 vorhanden ist, ist die Depression nur gering; ist Synaptotagmin 7 nicht vorhanden, ist die Depression wesentlich größer. Daher stellt Synaptotagmin 7 die effiziente und frequenz-unabhängige Signalübertragung an der BC-PC-Synapse sicher, eine ihrer grundlegenden Eigenschaften. Auf der Ebene der neuronalen Netzwerke fanden die Forscher, dass Synaptotagmin 7 es einzelnen Korbzellen erlaubt, die Aktivität einer Purkinjezelle zu kontrollieren. Diese Neurone sind die einzigen, die Information aus dem Kleinhirn nach außen senden. Synaptotagmin 7 hat also eine strategische Position inne, um den Informationsfluss in diesem motorischen Schaltkreis zu regulieren. Die Forscher fanden außerdem, dass Synaptotagmin 7 eine ähnliche, allerdings quantitativ geringere Rolle an GABAergen Synapsen im Hippokampus spielt. „Wir haben herausgefunden, dass Synaptotagmin 7 eine wichtige Rolle dabei spielt, die Effizienz der Übertragung an GABAergen Synapsen im Kleinhirn und Hippokampus sicherzustellen”, fasste Jonas zusammen.
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