G-BA erweitert die Verordnungsmöglichkeit von Lipidsenkern7. Januar 2025 Weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eine längere Lebenserwartung: Die erweiterte Verordnungsfähigkeit von Lipidsenkern soll dies künftig mehr Patientinnen und Patienten in Deutschland ermöglichen. (Symbolfoto: ©pimpampix/stock.adobe.com) Wenn die alleinige Primärprävention hohe kardiovaskuläre Risiken nicht ausreichend senkt, können laut eines neuen Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) Lipidsenker wie Statine künftig breiter verordnet werden. Den Beschluss zur erweiterten Verordnungsmöglichkeit von Lipidsenkern hat der G-BA am 19. Dezember 2024 getroffen. Damit habe man „die Verordnungsmöglichkeit von Lipidsenkern wie Statinen bei hohem kardiovaskulärem Risiko an den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse angepasst“, heißt es vom G-BA dazu. Der Beschluss werde dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er tritt nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Absenkung der Risikoschwelle Bislang konnten Lipidsenker erst verordnet werden, wenn bei einer Patientin oder einem Patienten das Risiko, in den nächsten zehn Jahren einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, bei mindestens 20 Prozent lag. Mit dem neuen Beschluss hat der G-BA die Risikoschwelle zur Verordnungsfähigkeit von Lipidsenkern von 20 auf zehn Prozent herabgesenkt. Von einem hohen Risiko sei zudem bei Diabetes mellitus Typ 1 mit Mikroalbuminurie sowie bei der genetisch bedingten Stoffwechselstörung familiäre Hypercholesterinämie auszugehen. Hier ist die Verordnungsmöglichkeit zukünftig generell gegeben. Darüber hinaus definierte der G-BA Patientengruppen, bei denen bereits unterhalb von zehn Prozent ein hohes kardiovaskuläres Risiko bestehen kann. Ziel sei es, so der G-BA, durch den Einsatz von Lipidsenkern Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen und die Lebenserwartung zu verlängern. Primärprävention vor Arzneimitteltherapie Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, erläutert: „Ob das Senken von erhöhten Blutfettwerten mit Arzneimitteln trotz der damit möglicherweise einhergehenden Nebenwirkungen sinnvoll ist, hängt vom individuellen Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung ab. In vielen Fällen können erhöhte Blutfettwerte durch Primärprävention wie gesunde und angepasste Ernährung sowie ausreichend Bewegung ganz vermieden oder gesenkt werden. Diese Primärprävention muss immer Vorrang vor Arzneimitteltherapien haben, weil sie keine harmlosen Fruchtgummis sind, sondern ihre Neben- und Langzeitwirkungen immer auch ein Risiko darstellen können. Deshalb sind Lebensstiländerungen immer besser als Medikamente.“ Weiter betont Hecken, dass bei einem hohen Risiko, das man beispielsweise anhand von Alter, Geschlecht oder auch einer familiären Vorbelastung gut abschätzen kann, ein angepasster Lebensstil alleine aber in manchen Fällen nicht ausreichend sein könne. „Die nun beschlossene generelle Absenkung der sogenannten Risikoschwelle von 20 auf zehn Prozent bewirkt, dass in diesen Fällen Versicherte von den vorbeugenden Effekten von Lipidsenkern profitieren werden – durch den neuen Schwellenwert werden weiterhin nur jene Gruppen fokussiert, bei denen die Vorteile überwiegen“, sagt Hecken. Über die aktuell hierzu vorliegende Evidenzlage bestehe auch Konsens bei allen maßgeblichen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Unterhalb von zehn Prozent – wie es im Zusammenhang mit dem Gesundes-Herz-Gesetz diskutiert wurde – gebe es jedoch nur einzelne Patientengruppen, bei denen risikoverstärkende Faktoren vorliegen, wie beispielsweise Menschen mit einer bestimmten schweren psychischen Erkrankung oder einer HIV-Infektion. Ein generelles Absenken der Risikoschwelle auf unter zehn Prozent sei daher mit derzeitigen evidenzbasierten Erkenntnissen nicht vereinbar, verdeutlicht der G-BA-Vorsitzende. Verordnungsfähigkeit von Lipidsenkern Zur Verordnungsfähigkeit von Lipidsenkern erläutert der G-BA in einer Mitteilung zum Beschluss: „Lipidsenker sind grundsätzlich von der Verordnung ausgeschlossen. Ausnahmen bestehen bei familiärem Chylomikronämie-Syndrom und zur Sekundärprävention nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ausnahmsweise können Lipidsenker aber auch verordnet werden, wenn ein hohes individuelles Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall besteht. Zu den Risikofaktoren gehören – neben zu hohen Blutfettwerten – unter anderem Alter, Geschlecht, Herzerkrankungen in der Familie und Rauchen. Vor dem Einsatz von Lipidsenkern ist eine Anpassung des Lebensstils die erste Option zur Vorbeugung.“
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