G-BA erweitert Zentrums-Regelung um neuen Typ: Zentren für Intensivmedizin übernehmen spezielle Aufgaben23. Oktober 2023 Foto: ©Svea Pietschmann/G-BA Um intensivmedizinische Expertise möglichst fachübergreifend zu nutzen, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) seine sogenannten Zentrums-Regelungen ergänzt. Er weist einen neuen Typ aus: Zentren für Intensivmedizin. Sowohl die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) als auch die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) finden nur lobende Worte für den Schritt. In Deutschland werden pro Jahr circa zwei Millionen Menschen aufgrund von lebensbedrohlichen Erkrankungen oder Verletzungen intensivmedizinisch versorgt. Sie brauchen eine besonders intensive Überwachung und Behandlung durch ein multiprofessionelles Team. „Krankenhäuser, die künftig als intensivmedizinische Kompetenz- und Koordinierungszentren neben der Patientenversorgung besondere Aufgaben wahrnehmen, können dafür finanzielle Zuschläge erhalten“, erläutert der G-BA in einer Pressemitteilung zu seiner Erweiterung der Zentrums-Regelung. Eine wichtige Aufgabe solcher Zentren können laut G-BA Fallkonferenzen mit anderen Krankenhäusern per Videoübertragung sein, was die Verweildauer von intensivmedizinisch versorgten Patientinnen und Patienten im Krankenhaus verkürzen oder lebensbedrohliche Komplikationen reduzieren könne. Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, erläutert: „Das Vorgehen, intensivmedizinische Beratungen von Krankenhäusern auf einen neuen Zentrumstyp zu konzentrieren, wird durch Studien gestützt. Bisher deckt der intensivmedizinische Anteil in anderen Zentren in der Regel nur die Expertise des jeweiligen Fachgebiets ab und bleibt damit leider begrenzt. Der neue Zentrumstyp für Intensivmedizin ist hingegen durch einen interprofessionellen Versorgungsansatz breiter aufgestellt. Welche speziellen Anforderungen dafür bei Personal, Geräteausstattung oder der Qualitätssicherung in solchen Zentren notwendig sind, definiert der G-BA.“ Zentren übernehmen besondere Aufgaben Bereits seit 2020 können Krankenhäuser finanzielle Zuschläge für besondere Aufgaben erhalten, die sie als Zentrum eines vom G-BA gelisteten Fachgebietes wahrnehmen. Hierfür definiert der G-BA in den Zentrums-Regelungen fachbereichsbezogen die besonderen Aufgaben und die damit verbundenen Qualitätsanforderungen – wie Art und Anzahl von Fachabteilungen und Mindestfallzahlen. Nach Veröffentlichung der Ergänzung der Zentrums-Regelungen im Bundesanzeiger wird diese Möglichkeit auch in der Intensivmedizin bestehen. Als Beispiele für besondere Aufgaben der Zentren für Intensivmedizin, welche durch die Krankenkassen zusätzlich zu den Fallpauschalen vergütet werden, nennt der G-BA folgende: Beratung anderer Krankenhäuser, die auch über intensivmedizinische Behandlungsmöglichkeiten verfügen, via telemedizinischer Fallkonferenzen und Visiten Mentorenfunktion für andere Krankenhäuser mit eigener Intensivmedizin durch regelmäßige fallunabhängige Qualitätszirkel Fort- und Weiterbildungsangebote für vernetzte Krankenhäuser Eingeflossen in die neuen Regelungen speziell zu den telemedizinischen Aufgaben seien Erkenntnisse aus dem Projekt „ERIC“ (Enhanced Recovery after Intensive Care), das über den Innovationsfonds beim G-BA gefördert worden war. Anforderungen an Zentren für Intensivmedizin Um als Zentrum für Intensivmedizin anerkannt zu werden, müssen Krankenhäuser besondere Voraussetzungen erfüllen. Diese sind laut G-BA beispielsweise eine 24-stündige Aufnahmebereitschaft für Akutfälle, Personal mit intensivmedizinischem und -pflegerischem Wissen, das Vorhalten von bestimmten Strukturen wie High-Care-Betten, die Verfügbarkeit von bestimmten bildgebenden Verfahren (CT/MRT), aber auch palliativmedizinische Kompetenzen, außerdem psychologische Betreuungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten, Angehörige und das Zentrumsteam. Von den Zentren wird zudem erwartet, dass telemedizinische Visiten – Audio- und Videoübertragungen in Echtzeit – täglich durchführbar sind. Außerdem sollen diese Zentren über besondere Maßnahmen zur Qualitätssicherung verfügen. DKG: Intensivmedizinische Zentren werden besondere Kompetenz auch in der Fläche verfügbar machen „Wir begrüßen diesen Schritt sehr und sehen in dieser Erweiterung der Regelung ein wichtiges Signal, um besondere intensivmedizinische Kompetenz und Koordinationsaufgaben durch eine finanzielle Förderung auch regionalen Krankenhäusern in der Fläche zur Verfügung zu stellen und so die Versorgung für die Patientinnen und Patienten so umfassend zu verbessern“, erklärte Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG, noch am Tag der Bekanntgabe durch den G-BA. „Diese gemeinsam von allen Organisationen im G-BA getragene Neuerung, wird gerade angesichts des immer enger werdenden Fachkräftepools einen wichtigen Beitrag für eine qualitativ hervorragende Patientenversorgung auch in der Zukunft leisten“, sagte Gaß. DIVI: „Ein Meilenstein für die Intensivmedizin und die zukünftige Versorgungsqualität“ „Der 19. Oktober 2023 wird in die Geschichte der Intensivmedizin eingehen!“, ist auch DIVI-Vizepräsident Prof. Gernot Marx überzeugt. Nach Ansicht der intensivmedizinischen Fachgesellschaft „stellen die Möglichkeiten, die die neuen Intensivzentren bieten werden, einen Meilenstein in der Patientenversorgung von Deutschland dar“. „Wir können jetzt den dringend benötigten Ausbau telemedizinischer Netzwerke vorantreiben und zukünftig wirklich jedem kritisch kranken Patienten damit schnell und unkompliziert helfen“, freute sich der Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum Aachen sichtlich. Marx kommentierte, dass die intensivmedizinische Behandlung von Patienten mit schwersten und lebensbedrohenden Krankheitsbildern, z. B. bei akutem Lungenversagen, Kreislaufschock aus unterschiedlichen Gründen oder Sepsis, häufig ein spezialisiertes interdisziplinäres Behandlungsszenario voraussetze, welches durch die bisherigen Organ-bezogenen Zentren nicht abgedeckt werden könne. Durch vernetzte intensivmedizinische Versorgungsnetzwerke werde nun aber eine langfristige Perspektive für die Sicherstellung einer hochqualitativen und flächendeckenden intensivmedizinischen Versorgung in Deutschland ermöglicht. Profitieren werden nach Studienlage laut Marx vor allem Intensivpatienten mit einer Sepsis (circa 11 Prozent aller Intensivpatienten), COVID-19-Patienten, beatmete Patienten (rund 20 Prozent aller Intensivpatienten) und Patienten mit akutem Lungenversagen (etwa 5 Prozent aller Intensivpatienten). Außerdem gilt es laut DIVI jetzt auf Landesebene intensivmedizinische Zentren auszuweisen. „Diese müssen die Qualitätsanforderungen erfüllen und Aufgaben wie überregionale Versorgung und Vernetzung übernehmen“, erklärte Marx. Hierzu gehöre als eine besondere Aufgabe die Telemedizin. Die DIVI werde in diesem Prozess gerne auch beraten und unterstützen.
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