Gebärmutterhalskrebsvorsorge in den Niederlanden

Set zur Selbstprobenahme für den HPV-Test. (Foto: sh)

Was in Deutschland aktuell noch in einer Studie erprobt wird, ist in den Niederlanden bereits etabliert. Zur Gebärmutterhalskrebs-Vorsorgeuntersuchungen können Frauen dort ein Selbstprobenahme-Set für Zuhause anfordern.

Eines vorweg, in den Niederlanden wird der Abstrich zum Nachweis des Vorhandenseins von Humanen Papillomviren (HPV) nicht von Gynäkologen entnommen. Die Frauen müssen dazu in eine Hausarztpraxis in der eine Medizinische Fachangestellte für die Probenahme zuständig ist. Ungeachtet davon wer die Probe entnimmt und wo diese erfolgt, scheuen sich dort genauso wie in Deutschland auch einige Frauen vor dem Eingriff. Um mehr Frauen zu einer Teilnahme an der sogenannten Bevölkerungsuntersuchung Gebärmutterhalskrebs zu bewegen, wird deshalb routinemäßig für alle ein Selbstprobenahme-Set angeboten.

Die Einladung zum HPV-Screening erfolgt per Post und muss nicht von den Frauen angefordert werden. Frauen zwischen 30 und 60 Jahren haben demnach alle 5 Jahre ein Anrecht auf einen kostenlosen HPV-Test. Das Vorhandensein einer HPV-Infektion wird als Risiko für Gebärmutterhalskrebs angesehen und erfordert einen weiteren Abstrich beim Arzt, der zytologisch untersucht wird. Sind die Frauen zwischen 40 und 50 Jahre und erhalten ein HPV-negatives Testergebnis, so erfolgt die nächste Einladung zur Vorsorgeuntersuchung erst 10 statt 5 Jahre später.

Im Jahr 2020 wurden insgesamt 596.696 Einladungen verschickt und 296.487 Frauen nahmen an dem Krebsvorsorgeprogramm teil. Von den teilnehmenden Frauen forderten 48.374 ein Selbstprobenahme-Set an. Bei 9,5% aller Frauen konnte eine HPV-Infektion festgestellt werden. Zum Ablauf des Einladungsprozesses ist zu sagen, dass es nicht bei einer einmaligen postalischen Einladung bleibt. Meldet sich eine Frau nicht für eine Teilnahme an, erfolgt nach einiger Zeit eine weitere Einladung, in der im Speziellen und deutlicher die Option zur Anforderung des Selbstprobenahme-Sets angeboten wird. Neben einem postalischen Formular gibt es auch die Möglichkeit dieses per Telefon oder Internet zu bestellen.

Ist die Selbstprobenahme für Laien möglich?

Das Selbstprobenahme-Set ist gut durchdacht und Frauen können sich online bereits vor der Bestellung bebildert oder per Animationsvideo über dessen genaue Anwendung informieren. Das Set ist so verpackt, dass die Anwenderinnen eigentlich nichts falsch machen können. Die einzelnen Schritte sind deutlich mit Überschriften kenntlich gemacht. Bevor man das eigentliche Abnahme-Instrument – De Evalyn® Brush – erreicht, findet sich eine bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Durch Klick-Mechanismen, die akustisch deutlich wahrnehmbar sind, wird die Probenahme weiter vereinfacht. Angebrachte Flügel verhindern ein zu tiefes einführen des Instruments und zeigen gleichzeitig die benötigte Positionierung an. Daraufhin muss die Bürstenvorrichtung vollständig herausgeschoben werden, was wiederrum per Klick-Geräusch angezeigt wird. Zur eigentlichen Probenahme muss die Bürste dann noch 5 Mal gedreht werden, wobei jede 360 Grad Drehung erneut per Klick bestätigt wird und ein leichtes Zählen ermöglicht.

Zum Schluss und vor dem Versand muss die Bürste in das Instrument zurückgezogen werden und das Ganze mit der mitgelieferten Kappe verschlossen werde. Die Probe muss dann noch von der Teilnehmerin zweifach verpackt werden. Es gibt neben der eigentlichen Verpackung eine mitgelieferte Tüte für das Probenahme-Instrument bevor dieses in den beiliegenden Versandumschlag kommt. Da es sich um einen vorfrankierten Briefversand handelt, kann der Test in einen normalen Briefkasten eingeworfen werden – der Gang zur Post entfällt somit. Die Probe geht dann direkt an das Labor und innerhalb von 3 Wochen geht das Ergebnis direkt an die Teilnehmerin.

Auch eine Option für Deutschland?

In Deutschland nehmen etwa 30 Prozent der Frauen das Angebot zur gesetzlichen Früherkennung nicht regelmäßig wahr. Besonders schlecht sind die Quoten bei Frauen aus sozial schwächeren Schichten oder mit Migrationshintergrund. In Deutschland gibt es also auch noch Luft nach oben. Aktuell läuft bereits in der Region Hannover eine Studie zum Thema, die von einer Forschungsgruppe der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführt wird (https://biermann-medizin.de/mhh-untersucht-praevention-von-gebaermutterhalskrebs-mit-hpv-selbsttest/).

Dazu werden 20.000 Frauen per Zufallsstichprobe HPV-Selbsttests zur Verfügung gestellt, wobei die Hälfte diesen direkt per Post erhält und die andere Hälfte bekommt ein Schreiben, mit dem sie den Test anfordern können. Erste Ergebnisse darüber, ob der Selbsttest die Teilnahmequote der Frauen zur HPV-Testung auch in Deutschland erhöhen kann, wird es den Forschern zufolge nach dem Sommer 2022 geben.

Klar sind die Dimensionen in Deutschland für die postalische Aussendung von Screening-Einladungen eine andere, ist die Einwohnerzahl der Niederlanden doch eher mit der von Nordrhein-Westfalen vergleichbar. Da es sich allerdings im wahrsten Sinne des Wortes um ein überlebenswichtiges Thema handelt und das Angebot eines Selbstprobenahme-Sets mehr Frauen zu einer Teilnahme bewegen kann, sollte doch eigentlich nichts dagegen sprechen.

Geht man nach der Statistik sind durch das Set alleine im Jahr 2020 fast 50.000 Frauen zu einer Teilnahme an dem niederländischen Vorsorgeprogramm bewegt worden. Das müsste dann in etwa 4.500 HPV-positiven Frauen entsprechen, bei denen frühzeitiger zytologische Auffälligkeiten entdeckt werden könnten – wenn sie denn nach Erhalt des Testergebnisses für den Folgeabstrich zum Arzt gehen.