Gegenwehr von Monozyten: Neuer Mechanismus zur Abwehr von SARS-CoV-2 entdeckt

Darstellung von SARS-CoV-2. (Abbildung: © Fotosphaere/stock.adobe.com)

Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität (MedUni) Wien (Österreich) hat einen bisher unbekannten Mechanismus entdeckt, der es Monozyten ermöglicht, SARS-COV-2 zu bekämpfen. Die eröffnet neue Möglichkeiten für die Therapie insbesondere bei schweren COVID-19-Verläufen.

Der bislang bekannte Weg der Infektion durch SARS-CoV-2 führt über einen bestimmten Rezeptor von Zellen (ACE2), an den das prägnant ausgebildete Spike-Protein des Virus bindet. Als Spezialeinheit des Immunsystems verfügen Monozyten nicht über ACE2-Rezeptoren. Wie sie trotzdem SARS-COV-2 erkennen und bekämpfen können, konnte sich die Wissenschaft bisher nicht erklären. Den dahinterliegenden Mechanismus hat das Forschungsteam unter der Leitung von Anna Ohradanova-Repic und Prof. Hannes Stockinger vom Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien nun erstmals beschrieben.

Alternative Eintrittspforte

Wie die Studie zeigt, „entführt“ SARS-CoV-2 bestimmte im Körper allgegenwärtige Proteine (Cyclophilin A und B), um an einen Rezeptor auf der Oberfläche von Monozyten (CD147) zu binden. „Diesen alternativen Weg der Infektion nützen Coronaviren wahrscheinlich auch bei anderen Zellen, denen ACE2 fehlt“, erklärt Studienleiterin Ohradanova-Repic. Da die auf diesem Infektionsweg genützten Zellbestandteile praktisch überall im Körper vorkommen, erweitert diese alternative Eintrittspforte die Reichweite des Virus – ein möglicher Grund, warum COVID-19 so unterschiedliche Bereiche des Organismus betreffen kann. „Zudem kann der von uns entdeckte Eintrittsmechanismus von SARS-CoV-2 auch die Viruslast in infizierten Zellen erhöhen und den Krankheitsverlauf verschlechtern“, ergänzt Co-Studienleiter Stockinger.

Gegenschlag der Monozyten

Trotz Infektion mit SARS-CoV-2 – so das zentrale Ergebnis der Forschung – lassen sich Monozyten von SARS-CoV-2 nicht ausmanövrieren und setzen zum Gegenschlag an. Dabei nützen sie eben jenen neu entdeckten Mechanismus (Cyclophilin-CD147-Achse), um das Virus abzutöten und zu erkennen. So wird eine Entzündungsreaktion ausgelöst, die das Immunsystem aktiviert und die Abwehr durch weitere Immunzellen verstärkt. Eine zu starke Aktivierung dieses Mechanismus könnte das überschießende Entzündungsgeschehen erklären, das bei schweren COVID-19-Verläufen beobachtet wird und zu Gewebeschäden und Organversagen führen kann. „Somit liefern unsere Ergebnisse wertvolle Hinweise darauf, wie die Immunantwort gezielt moduliert werden könnte, um Patient:innen mit schwerem COVID-19 gezielt zu behandeln“, sagt Ohradanova-Repic. Weitere Studien sollen die Erkenntnisse vertiefen.