Gelegentlicher Fleischverzicht könnte vor Typ-2-Diabetes schützen26. Juni 2019 Dr. Thomas Laeger mit der Erstautorin Teresa Castaño-Martinez (m.) und einer technischen Assistentin im Labor der Abteilung Experimentelle Diabetologie. Foto: David Ausserhofer/DIfE Wer weniger isst, lebt länger und gesünder – darauf verweisen zahlreiche Studien zur positiven Wirkung des (Intervall-)Fastens. Doch neben der verminderten Kalorienaufnahme spielt auch das Verhältnis der einzelnen Nahrungsbestandteile eine wichtige Rolle. Wissenschaftler vom DIfE, Partner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung, konnten nun im Tiermodell zeigen, dass allein die Reduzierung der Aminosäure Methionin* Typ-2-Diabetes verhindert. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im FASEB Journal. In früheren Untersuchungen fand das Forscherteam der Abteilung Experimentelle Diabetologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) bereits heraus, dass Mäuse, die eiweißarmes Futter bekamen, unter anderem verbesserte Blutzuckerwerte hatten und mehr Energie verbrauchten als Tiere, die Standardfutter erhielten. Die aktuellen Ergebnisse zeigen nun, dass bereits die Verringerung einer einzelnen Aminosäure im Futter sich positiv auf die Gesundheit auswirkt. So verbesserte eine Ernährung, die arm an Methionin war, den Zuckerstoffwechsel der Mäuse und deren Empfindlichkeit für das Hormon Insulin. „Interessanterweise beobachteten wir die positiven Wirkungen der methioninarmen Kost, ohne den Eiweißgehalt zu verringern und unabhängig von Nahrungsaufnahme und Körperfett“, erklärt Dr. Thomas Laeger, Leiter des Projekts. Übertragbarkeit auf den Menschen: Der Fibroblast growth factor 21 und mögliche Vorteile einer veganen und vegetarischen Ernährung Die Daten der Studie sprechen dafür, dass der Fibroblast growth factor 21 (FGF21) die schützende Wirkung der methioninarmen Ernährung vermittelt: Wird weniger der Aminosäure aufgenommen, setzt die Leber vermehrt FGF21 frei. Vegetarische oder vegane Kost enthält im Vergleich zu fleisch- und fischhaltigen Speisen meist geringe Mengen an Methionin. „Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Molekulare Toxikologie und des Bundesinstituts für Risikobewertung konnten wir zeigen, dass Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, verglichen mit Mischköstlern erhöhte FGF21-Spiegel im Blut haben,“ so Erstautorin Teresa Castaño-Martinez. Bereits nach vier Tagen vegetarischer Ernährung erhöhten sich die FGF21-Mengen auch im Blut der Mischköstler. „Sollten sich die Befunde aus dem Tiermodell auf den Menschen übertragen lassen, wäre das für die Behandlung von Diabetes ein wichtiger Schritt. Statt Kalorien zu zählen und generell auf schmackhafte eiweißreiche Lebensmittel zu verzichten, müsste nur der Methioninanteil im Essen reduziert werden. Möglicherweise reicht es bereits, wenn Betroffene hin und wieder eine vegetarische Woche einlegen und somit ihre FGF21-Spiegel in die Höhe treiben. Das könnte die Akzeptanz einer Ernährungsumstellung erheblich vereinfachen”, sagt Laeger. Berücksichtigt werden müsse jedoch, dass bestimmte Gruppen, darunter beispielsweise Kinder, schwangere und stillende Frauen, einen erhöhten Bedarf an Methionin haben. Neues Wissen zu den Entstehungsmechanismen des Typ-2-Diabetes vertiefen Die Wissenschaftler sind sich einig, dass die Spur unbedingt weiterverfolgt werden sollte. Wichtig wäre nun, herauszufinden, inwieweit die verminderte Methioninaufnahme tatsächlich zur Erhöhung der FGF21-Spiegel beiträgt. Künftig möchte das Forscherteam weitere Untersuchungen mit Veganern durchführen, um zusätzliche Indizien für die mögliche Beteiligung der Aminosäure Methionin an der Entstehung von Typ-2-Diabetes aufzudecken. *Methionin ist eine schwefelhaltige, lebenswichtige Aminosäure, die der Körper nicht selbst herstellen kann und die deshalb mit der Nahrung aufgenommen werden muss. Wie alle Aminosäuren dient sie Eiweißen als Baustein. Methionin trägt u. a. zur Bildung von Neurotransmittern und Hormonen bei und ist somit an vielen wichtigen Körperfunktionen beteiligt. Obwohl auch bestimmte Nüsse, Ölsaaten und Gemüse nennenswerte Mengen der essentiellen Aminosäure enthalten, ist eine pflanzenbasierte Kost im Vergleich zu einer Ernährung mit Fleisch und Fisch in der Regel methioninarm. Publikation: Castaño-Martinez T, Schumacher F, Schumacher S, Kochlik B, Weber D, Grune T, Biemann R, McCann A, Abraham K, Weikert C, Kleuser B, Schürmann A and Laeger T. Methionine restriction prevents onset of type 2 diabetes in NZO mice. FASEB Journal 2019 Jun;33(6):7092-7102. DOI: 10.1096/fj.201900150R (Open Access) https://www.fasebj.org/doi/10.1096/fj.201900150R Ähnlicher Artikel: Laeger T, Castaño-Martinez T, Werno MW, Japtok L, Baumeier C, Jonas W, Kleuser B, and Schürmann A. Dietary carbohydrates impair the protective effect of protein restriction against diabetes in NZO mice used as a model of type 2 diabetes. Diabetologia 2018; 61(6):1459-1469. (Open Access) https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00125-018-4595-1
Mehr erfahren zu: "Neustart für das Programm für Nationale Versorgungsleitlinien" Neustart für das Programm für Nationale Versorgungsleitlinien Nach der Auflösung des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin, das bis 2024 das Programm koordinierte und redaktionell betreute, war nach einer Möglichkeit gesucht worden, die Arbeit an den […]
Mehr erfahren zu: "Arbeitszeitgesetz: Marburger Bund sieht drohende Aufweichung" Arbeitszeitgesetz: Marburger Bund sieht drohende Aufweichung Der Marburger Bund (MB) lehnt die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform des Arbeitszeitgesetzes entschieden ab. In einem Positionspapier weist er auf bestehende Möglichkeiten hin, schon jetzt flexible Modelle „in ausreichendem Maße“ […]
Mehr erfahren zu: "Semaglutid: Kardiovaskulärer Nutzen unabhängig von Gewichtsverlust" Weiterlesen nach Anmeldung Semaglutid: Kardiovaskulärer Nutzen unabhängig von Gewichtsverlust Bei übergewichtigen Patienten ohne Diabetes kann der GLP-1-Rezeptoragonist Semaglutid das Risiko für Herz-Kreislaufprobleme reduzieren. Ob und wieviel Gewicht sie verlieren, scheint dabei keine Rolle zu spielen, wie neueste Datenanalysen nun […]