Gen-Memory: Forschende entwickeln Methode zum genetischen Vergleich hunderter Tierarten28. April 2023 Die neue Methode TOGA zur vergleichenden Genomanalyse wurde vom Studienteam unter anderem bei See-Elefanten (Mirounga) angewendet, den größten Robben der Welt. Foto: © Andy Witchger, flickr, Lizenz CC BY 2.0 Das Erbgut von Lebewesen lässt sich dank großer technologischer Fortschritte mittlerweile in rasantem Tempo sequenzieren. Der Vergleich genomischer Daten birgt jedoch knifflige technische Herausforderungen. Um die Analyseprozesse zu vereinfachen, hat ein Team von WissenschaftlerInnen unter der Leitung von Prof. Michael Hiller vom hessischen LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG) eine neue Methode entwickelt und im Fachjournal „Science” vorgestellt. Das Erbgut von Lebewesen lässt sich mittlerweile sehr schnell sequenzieren. Besonders interessante Erkenntnisse zeigen dabei die Vergleiche von Genomen, sei es eng verwandter oder ganz unterschiedlicher Arten. So können Informationen zu stammesgeschichtlichen Entwicklungen, Herausbildungen von Eigenschaften oder zu Anpassungsfähigkeiten gewonnen werden.Beim Vergleich der Genome unterschiedlicher Lebewesen werden wissenschaftliche Erkenntnisse in einem zweistufigen Prozess gewonnen: Zunächst müssen bei den jeweiligen Arten die einzelnen Gene innerhalb des Genoms lokalisiert werden. Dieser Prozess wird als Genannotation bezeichnet. Für den Vergleich muss dann in einem zweiten Schritt bestimmt werden, welche Gene in den beiden Organismen einander entsprechen; solche entsprechenden Gene werden Orthologe genannt. Beide Schritte sind technisch anspruchsvoll und erschweren es, aus den zu vergleichenden Genomdaten neue Informationen zu gewinnen.Mit der neuen bioinformatischen Methode TOGA lassen sich die Analysen deutlich vereinfachen und beide Herausforderungen gemeinsam angehen. Das Akronym steht für „Tool to infer Orthologs from Genome Alignments“. Um orthologe Gene zu bestimmen, nutzen ForscherInnen, dass die Abschnitte in den Genen, die Proteine kodieren, einander ähnlicher sind als die kodierenden Abschnitte anderer Gene. Die TOGA-Methode erweitert dieses Ähnlichkeitsprinzip auf den gesamten genomischen Kontext eines Gens. „Uns stehen bei den Analysen nahezu vollständige Genome zur Verfügung, also können wir diese auch nutzen, statt uns nur auf die protein-kodierenden Abschnitte zu konzentrieren. Durch den Vergleich ganzer Genome verschiedener Organismen und den Einsatz von maschinellem Lernverfahren können wir orthologe Gene mit einer sehr hohen Genauigkeit bestimmen”, erklärt Studienleiter Michael Hiller, Professor für Vergleichende Genomik am LOEWE-Zentrum TBG und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt, der das Projekt am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden begonnen hat. Zu den 500 Vogelarten, deren Genom für die Studie analysiert und mit den Erbinformationen eines Huhns verglichen wurde, zählt auch der Schwarzfußseriema (Chunga burmeisteri) aus Südamerika. Foto: © Hector Bottai, Wikimedia Commons, Lizenz CC BY-SA 4.0 Die Studie zeigte, dass orthologe Gene in den Genomen von Säugetieren allein durch den Vergleich mit den bereits bekannten Genen von Mensch oder Maus sehr gut lokalisiert werden können. Genauso können bekannte Gene vom Huhn verwendet werden, um orthologe Gene in den Genomen anderer Vögel zu lokalisieren. „Dadurch konnten wir TOGA auf die Genome von Hunderten anderer Arten anwenden. Durch die Annotation und Bestimmung orthologer Gene für mehr als 500 Säugetier- und 500 Vogelgenome haben wir die bisher größten artübergreifenden Genom-Informationen für diese Wirbeltiergruppen erstellt. Diese Ressourcen helfen dabei, die Stammesgeschichte der Arten zu bestimmen und Veränderungen in den Genen mit Merkmalsveränderungen zu verbinden”, fügt Hiller hinzu.Neben Hillers Team waren an der Studie WissenschaftlerInnen des Zoonomia Konsortiums beteiligt, einem internationalen Zusammenschluss von ForscherInnen zur Erforschung der genomischen Grundlagen gemeinsamer und spezialisierter Merkmale bei Säugetieren. Ziel des Konsortiums ist es, die Möglichkeiten der Vergleichenden Genomik als Instrument für die Humanmedizin und die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu nutzen.Als Teil des Zoonomia Konsortiums sind Hiller und weitere Senckenberg-ForscherInnen auch an der zeitgleich im Science-Journal erscheinenden Studie „Evolutionary constraint and innovation across hundreds of placental mammals” beteiligt, die die Evolution von Säugetiergenomen untersucht.
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