Gendefekt führt zu allergischen Reaktionen und Autoimmunerkrankungen24. Mai 2022 Foto: ktsdesign/stock.adobe.com Die Verdoppelung des Zytokin-Gens IL-33 bewirkt umfangreiche allergische Symptome. Einem internationalen Team unter der Leitung eines Mediziners der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften gelingt die Erstbeschreibung. Nahrungsmittelallergien, Entzündungen der Haut und Speiseröhre sowie Asthma sind nur einige der Symptome eines nun 12-jährigen Jungen, bei dem weltweit erstmals eine Verdoppelung des Gens für das Zytokin IL-33 diagnostiziert wurde. Gelungen ist diese Diagnose einem internationalen Team unter der Leitung von Prof. Thomas Eiwegger von der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften Krems (KL Krems). Seine jetzt veröffentlichte Einzelfallbeschreibung erlaubt eine komplett neue Einsicht in die Wirkung des bekannten Zytokins, das bei der Regulierung der menschlichen Immunantwort sowie bei allergischen Reaktionen eine zentrale Rolle spielt. Molekularbiologische Studien zu seiner genauen Funktion waren bisher auf Tiermodelle beschränkt. Diese Entdeckung der Genverdoppelung erlaubt solche Untersuchungen erstmals im menschlichen Kontext. Gleichzeitig eröffnet sie auch mögliche Therapieoptionen für den betroffenen Patienten. Die Typ-2 Immunreaktion des menschlichen Körpers dient eigentlich zur Abwehr größerer Krankheitserreger, verursacht aber auch allergische Entzündungen. Interleukin 33 (IL-33), ein zellulärer Botenstoff aus der Gruppe der Zytokine, spielt dabei eine zentrale Rolle in der Initiierung von allergischen Antworten und in der Regulation von entzündlichen Prozessen und Autoimmunerkrankungen. Tiermodelle, in denen seine Produktion genetisch hoch- oder herunterreguliert wird, haben zum Verständnis seiner Funktion beigetragen – doch erlauben sie nur eingeschränkte Einsicht in die Verhältnisse im Menschen. Krankheitssymptome eines Patienten mit einem verdoppelten IL-33-Gen bieten nun weltweit erstmalig eine solche Einsicht. „Eines der auffälligsten Symptome des Patienten ist die chronische Entzündung der Speiseröhre, eine eosinophile Ösophagitis, sowie chronisch entzündliche Veränderungen der Haut“, erläutert Eiwegger, der seit kurzem Leiter der Klinischen Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am Universitätsklinikum St. Pölten ist, das zur KL Krems zählt. So wurden eine hohe Anzahl eosinophiler Granulozyten (Hypereosinophilie), erhöhte Werte für IgE-Antikörper und ein wiederkehrendes Eindringen von Eosinophilen in die Haut diagnostiziert. Dazu Eiwegger: „Gerade auch die Hautreaktionen und die Entzündung der Speiseröhre bestätigen die zentrale Rolle von IL-33 bei Typ-2 Immunreaktionen in Geweben, die der externen Umgebung ausgesetzt sind.“ Zusätzlich zeigen sich auch Nahrungsmittelallergien und Asthma sowie entzündliche Komplikationen des weiteren Gastrointestinaltraktes im Sinne einer Autoimmunreaktion. Zahlreiche Untersuchungen der jetzt veröffentlichten Studie wurden am The Hospital for Sick Children in Toronto, Kanada, gemeinsam mit der dortigen Universität durchgeführt. Neben den entzündlichen wurden auch körperlichen Auffälligkeiten des Patienten erfasst. Zu diesen zählen: Veränderungen an Schädelknochen, Kiefer und Gesicht, zudem eine verzögerte Gewichtszunahme und Längenwachstum mit Überbeweglichkeit der Gelenke, Kurzsichtigkeit sowie eine moderate Entwicklungsverzögerung. Für Eiwegger sind das klare Hinweise auf die pleiotrope/zentrale Rolle von IL-33 über klassisch immunologische Funktionen hinaus. Mehr Gen, mehr Zytokin Die hier beschriebene Verdoppelung des IL-33-Gens ist laut Datenbankrecherche weltweit bisher noch nie erfasst worden. Inwieweit sich diese Genverdoppelung auf die tatsächliche Konzentration des Zytokins IL-33 im Blut und verschiedenen Geweben des Patienten auswirkten, wurde ebenfalls untersucht. So zeigte sich zwar im Blut keine Erhöhung von IL-33, dafür jedoch signifikante Anstiege im Gewebe des Magen-Darmtrakts sowie der Haut. „Auffällig waren dabei auch die unterschiedlichen subzellulären Lokalisierungen des IL-33 in verschiedenen Geweben“, merkt Eiwegger an. „So zeigte es sich im entzündeten Hautgewebe im Zellkern, im entzündungsfreien Darmgewebe hingegen im Zytoplasma.“ Das Team vermutet, dass diese Ergebnisse zeigen, wie eng IL-33 lokal reguliert wird. Dies deutet auf neue Erklärungen für die gewebespezifische Krankheitsbilder des Patienten hin, welche für gezielten Therapien von Krankheiten, bei denen IL-33 eine Rolle spielt, entscheidend sein könnten. Die Diagnose und Fallbeschreibung haben neben dem besseren Verständnis für die Rolle des Zytokins IL-33 im Menschen auch zu Überlegungen für Therapieoptionen geführt. So wurden bereits monoklonale Antiköper, die IL-33 binden und entfernen, therapeutisch in Phase 2-Studien zur Behandlung von Asthma, atopischer Dermatitis und Nahrungsmittelallergien eingesetzt – eine Option, die das Team hier auch für erwägenswert hält. So spannt diese Forschung unter Beteiligung der KL Krems einen Bogen von grundlegenden Erkenntnissen hin zu klinischen Behandlungsoptionen.
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