Genetische Faktoren bei Hypospadie entschlüsselt

Veränderungen der Vorhaut bei Hypospadie in Mafb-Knockout-Mäusen. Bild: Genes & Diseases

Chinesische Wissenschaftler haben zwei Transkriptionsfaktoren als entscheidende Regulatoren des Urothelzellwachstums identifiziert. Damit spielen diese beiden Proteine eine bedeutende Rolle in der Entstehung der Hypospadie, berichten sie im Journal „Genes & Diseases“.

Hypospadie ist durch eine ektopische Harnröhrenöffnung und eine abnorme Penisverkrümmung gekennzeichnet und betrifft etwa eine von 200 männlichen Lebendgeburten. Obwohl die Ursache vermutlich auf eine Kombination genetischer und umweltbedingter Faktoren zurückzuführen ist, spielen Androgen-Signalwege vermutlich eine bedeutende Rolle bei der Entstehung der Erkrankung.

Frühere Studien deuteten darauf hin, dass der Wnt/β-Catenin-Signalweg an der Harnröhrenentwicklung beteiligt ist. Die spezifischen Beiträge von Transkriptionsfaktoren wie MAFB und CCAAT/Enhancer-Binding Protein Alpha (CEBPA) waren bisher noch nicht vollständig erforscht. Unter der Leitung von Forschern des Kinderkrankenhauses der Medizinischen Universität Chongqing konnten diese Wissenslücke nun schließen und die Bedeutung von MAFB und CEBPA als Regulatoren des Urothelzellwachstums untermauern. Durch die Beeinflussung der Zellproliferation und Apoptose über den Wnt/β-Catenin-Signalweg spielen MAFB und CEBPA demnach eine bedeutende Rolle bei den genetischen Mechanismen der Hypospadie.

Wirkung über den Wnt/β-Catenin-Signalweg

Die Studie konzentrierte sich auf die Rolle von MAFB und CEBPA beim Urothelzellwachstum und verwendete dabei menschliche Vorhautproben und Mausmodelle. Die Forscher fanden heraus, dass die Expressionsniveaus von MAFB und CEBPA im Vorhautgewebe von Hypospadie-Patienten signifikant reduziert waren. Mittels RNA-Sequenzierung und Western-Blot-Analyse entdeckten sie, dass MAFB-Knockdown zu einer Unterdrückung der CEBPA-Proteinexpression führte, den Wnt/β-Catenin-Signalweg hemmte und einen Zellzyklusarrest sowie eine erhöhte Apoptose in Urothelzellen verursachte. Darüber hinaus förderte die MAFB-Überexpression die Zellproliferation und aktivierte den Wnt/β-Catenin-Signalweg, während CEBPA-Knockdown diese Effekte umkehrte. Diese Ergebnisse unterstreichen nach Ansicht der Forscher die zentrale Rolle der MAFB-CEBPA-Achse bei der Regulierung des Urothelzellwachstums und legen nahe, dass Störungen dieses Signalwegs zur Entstehung einer Hypospadie beitragen können. Die Studie identifizierte zudem potenzielle therapeutische Angriffspunkte für zukünftige Interventionen.

Mögliche Therapieansätze

Dr. Xing Liu, der korrespondierende Autor der Studie, kommentierte: „Unsere Ergebnisse liefern ein tieferes Verständnis der molekularen Mechanismen, die der Hypospadie zugrunde liegen. Durch die Identifizierung der Rollen von MAFB und CEBPA im Urothelwachstum haben wir potenzielle Angriffspunkte für therapeutische Interventionen entdeckt, die zu verbesserten Behandlungsergebnissen für Patienten mit dieser Erkrankung führen könnten.“

Die Entdeckung des MAFB-CEBPA-Regulationswegs birgt nach Überzeugung von Liu und Kollegen enormes Potenzial für die Weiterentwicklung der Behandlung und Prävention von Hypospadien. Durch die gezielte Behandlung dieses Signalwegs könnten Forscher neuartige Therapien entwickeln, um die Fehlbildung während der frühen Entwicklung zu korrigieren oder zu verhindern. Darüber hinaus eröffne die Studie spannende neue Wege zur Erforschung der genetischen und molekularen Grundlagen anderer angeborener Erkrankungen der Harnröhrenentwicklung. Zukünftige Forschung könnte sich auf die Identifizierung weiterer genetischer Faktoren und Umwelteinflüsse konzentrieren, die mit dem MAFB-CEBPA-Signalweg interagieren, um das Verständnis von Hypospadien und verwandten Erkrankungen weiter zu vertiefen.

(Chinese Academy of Sciences / ms)