Genetische Signatur als Wegweiser für eine personalisierte Melanomtherapie25. August 2025 © bertys30 – stock.adobe.com (Symbolbild) Ein brasilianisches Forschungsteam hat vier Gene identifiziert, die vorhersagen können, welche Melanom-Patienten nicht auf eine Immuntherapie ansprechen. Ziel ist es, basierend auf diesen Erkenntnissen Instrumente zu entwickeln, mit denen Therapiekandidaten gezielter identifiziert und die Kosten im öffentlichen Gesundheitswesen reduziert werden können. Die Blockade des PD-1-Proteins stellt den Therapiestandard für fortgeschrittenes Melanom im Rahmen immuntherapeutischer Konzepte dar. Dennoch sprechen 40 bis 60 Prozent der Betroffenen nicht ausreichend auf diese Behandlungsform an und tragen ein relevantes Nebenwirkungsrisiko. Damit ergeben sich klinische und ökonomische Herausforderungen – insbesondere in Ländern mit limitiertem Zugang zu modernen Therapieverfahren im öffentlichen Gesundheitswesen. Zwar wird der Einsatz der Immuntherapie durch die brasilianische Technologiebewertungskommission (CONITEC) befürwortet, die hohen Kosten verhindern jedoch eine flächendeckende Implementierung. Therapieresistenz bei Überexpression von vier Genen Vor diesem Hintergrund untersuchten Forschende aus Brasilien die Möglichkeit, genetische Marker zu identifizieren, die das Ansprechen auf eine Immuntherapie bei Melanom-Patienten vorhersagen können. Die Untersuchung wurde am Zentrum für molekulare Onkologie des Hospital de Amor im Bundesstaat São Paulo unter Leitung von Lídia Maria Rebolho Batista Arantes durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im „Journal of Molecular Medicine“ veröffentlicht. Analysiert wurden Tumorproben von 35 Patienten mit fortgeschrittenem Melanom, die zwischen 2016 und 2021 am Hospital de Amor mit einer Anti-PD-1-Immuntherapie behandelt wurden. Die Proben wurden mit Daten eines Panels aus 579 immunrelevanten Genen abgeglichen. Im Ergebnis konnten vier Gene – CD24, NFIL3, FN1 und KLRK1 – identifiziert werden, deren Überexpression eng mit einer Therapieresistenz assoziiert ist. Patienten mit hoher Expression dieser Gene zeigten laut Studie eine 230-fach höhere Wahrscheinlichkeit, nicht auf die Immuntherapie anzusprechen, verglichen mit Patienten mit niedriger Expression. Auch die Überlebensraten unterschieden sich deutlich: Fünf Jahre nach Diagnosestellung lebten noch 48,1 Prozent der Patienten mit niedriger Genexpression, während unter den Patienten mit hoher Expression nur 5,9 Prozent überlebten. Bekannte Funktionen der betroffenen Gene Eine vertiefte Analyse ergab, dass die betroffenen Gene mit Mechanismen der Immunflucht und Immunsuppression in Verbindung stehen. Das Gen CD24 wirkt beispielsweise als Immuncheckpoint und ermöglicht Tumorzellen die Umgehung immunologischer Abwehrmechanismen. FN1 ist mit Tumorprogression und der Ausbildung von Tumor-stützenden Strukturen assoziiert. KLRK1 ist normalerweise an der Aktivierung von Immunzellen beteiligt, verliert bei Dysregulation jedoch seine Funktion, was die Immunantwort schwächt. Das Gen NFIL3 spielt eine Rolle in der Immunantwort und könnte zum Tumor-Escape beitragen. „Die Überexpression dieser vier Gene steht in Zusammenhang mit bekannten Mechanismen der Tumorentwicklung und Immunumgehung – also Strategien, mit denen Tumoren dem Immunsystem entgehen. Das würde erklären, weshalb manche Patienten trotz fachlich indizierter Immuntherapie keinen Nutzen davon haben“, erläutert Erstautorin Bruna Pereira Sorroche. Kosteneffiziente Analysen könnten Ressourcen schonen Zur Validierung wurden die Ergebnisse mit zwei unabhängigen, internationalen Patientenkohorten abgeglichen. Das genetische Signaturmuster erwies sich dabei auch bei abweichenden Gruppenmerkmalen als zuverlässig bezüglich Therapieansprechen und klinischem Verlauf. Besonders hervorzuheben ist der Einsatz von NanoString-Technologie, einer kosten- und ressourceneffizienten genetischen Analyseplattform, die sich somit auch für den Einsatz in weniger gut ausgestatteten Kliniken eignet. Ein weiterer vielversprechender Befund ist, dass diese genetische Signatur bereits im Frühstadium der Erkrankung bei der Therapieentscheidung hilfreich sein könnte, da sie auch in frühen Melanomstadien vorhersagbar blieb. Derzeit ist die Patentierung dieser Technologie in Vorbereitung. Geplant ist ein Panel, das diese und ggf. weitere Gene kommerziell einsetzt, um vorab zu klären, ob ein Patient tatsächlich von einer Immuntherapie profitieren kann. „Dies könnte Ärztinnen und Ärzten sowie dem Gesundheitssystem fundierte Therapieentscheidungen ermöglichen, teure und unwirksame Therapien vermeiden und Ressourcen sparen“, kommentiert die Studienleiterin Arantes. Obwohl die Studie retrospektiv mit einer begrenzten Patientenzahl durchgeführt wurde, sehen Sorroche und Arantes einen vielversprechenden Weg zur personalisierten Melanomtherapie – mit dem Potenzial, Patienten unnötige Nebenwirkungen zu ersparen und öffentliche Ressourcen effizient einzusetzen. Die nächsten Schritte sind größere Folgestudien zur Ergebnisvalidierung und zur Festlegung eines Schwellenwertes der Genexpression, ab dem ein Therapieversagen anzunehmen ist. Das Panel könnte dann als prädiktives Werkzeug für informierte Therapieentscheidungen bei Melanom-Patienten eingesetzt werden und einen Wendepunkt für die personalisierte Onkologie in Brasilien markieren.
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