Gentherapie bei Gehörlosigkeit: Bessere Ergebnisse bei Behandlung beider Ohren

Foto: Gernot Krautberger/stock.adobe.com

Die bilaterale Anwendung der Gentherapie bei gehörlosen Kindern mit Mutationen im Otoferlin-Gen führte zu zusätzlichen Vorteilen im Vergleich zu früheren Studien, einschließlich des Richtungshörens und Sprachverständnis in lauter Umgebung.

Diese weltweit erste klinische, bei der eine Gentherapie an beiden Ohren verabreicht wurde, belegt zusätzliche Vorteile gegenüber der ersten Studienphase. Deren Ergebnisse wurden Anfang des Jahres veröffentlicht. Bei den Kindern war jeweils nur ein Ohr behandelt worden. Die Durchgeführt wurde die Studie wurde Forschern des Mass Eye and Ear und des Eye & ENT Hospital der Fudan University in Shanghai.

Als „verblüffend“ ordnete Studienautor, Zheng-Yi Chen, DPhil, assoziierter Wissenschaftler in den Eaton-Peabody Laboratories am Mass Eye and Ear, die Studienergebnisse ein. Die neue Studie zeige zusätzliche Vorteile der bilateralen Gentherapie, einschließlich der Fähigkeit zum Richtungshören und der Verbesserung des Sprachverständnisses in lauter Umgebung, so Chen weiter. Für den Hautautor der Studie, Yilai Shu, MD, PhD, Professor und Direktor des Diagnose- und Behandlungszentrums für genetisch bedingten Hörverlust am Augen- und HNO-Krankenhaus der Fudan-Universität, zeigen die Ergebnisse, dass der Ansatz vielversprechend ist und größere internationale Studien rechtfertigt.

Die neue Studie ist die erste klinische Studie zur Behandlung der DFNB9-Mutation im OTOF-Gen mit Gentherapie an beiden Ohren. Es handelt sich um eine Zwischenanalyse einer einarmigen Studie mit fünf Kindern mit DFNB9 dar, die entweder über einen Zeitraum von 13 oder 26 Wochen am Augen- und HNO-Krankenhaus der Fudan-Universität in Shanghai, China, beobachtet wurden.

Shu injizierte funktionale Kopien des menschlichen OTOF-Gens in die Innenohren der Patienten mittels eines minimalinvasiven Eingriffes. Als Vektor diente ein adeno-assoziierten Virus (AAV). Die erste bilaterale Therapie wurde im Juli 2023 durchgeführt. Während der Nachbeobachtung wurden 36 unerwünschte Ereignisse beobachtet. Dosislimitierende Toxizität oder schwerwiegende Ereignisse traten nicht auf.

Bei allen fünf Kindern erholte sich das Hörvermögen auf beiden Ohren, wobei sich Sprachwahrnehmung und Richtungshören deutlich verbesserten. Zwei der Kinder erlangten die Fähigkeit, Musik wahrzunehmen. In für die Studie aufgenommen Videos wurden sie beim Tanzen zu Musik beobachtet. Die Studie wird fortgesetzt und die Teilnehmer werden weiter beobachtet.

„Diese Ergebnisse bestätigen die Wirksamkeit der Behandlung, über die wir bereits berichtet haben, und stellen einen wichtigen Schritt in der Gentherapie für genetisch bedingten Hörverlust dar“, betonte Shu.

Chen ergänzte, die Studie spreche für die bilaterale Behandlung von Kindern mit DFNB9. „Wir hoffen, dass die Studie ausgeweitet werden und der Ansatz auch für Taubheit, die durch andere Gene oder nicht genetische Ursachen verursacht wird, in Betracht gezogen werden kann“, so Chen weiter.

Die Autoren weisen darauf hin, dass weitere Arbeiten zur Untersuchung und Verfeinerung der Therapie erforderlich sind. Die bilaterale Studie erfordert im Vergleich zur unilateralen Studie mehr Abwägungen, da Operationen an beiden Ohren im Rahmen eines Eingriffs zu einer Verdoppelung der Operationszeit führen. Außerdem wird durch die Injektion der doppelten AAV-Dosis in den Körper wahrscheinlich eine stärkere Immunreaktion ausgelöst. Damit könnte das Potenzial für unerwünschte Wirkungen größer sein. Für die Zukunft seien mehr Patienten und eine längere Nachbeobachtungszeit erforderlich, geben die Autoren zu bedenken. Sie gehen allerdings davon aus, dass die weitere Analyse von Gentherapien und Cochlea-Implantaten in größeren randomisierten Studien wird von großem Nutzen sein wird.