Geographische Atrophie: Implantat ermöglicht erstmals Wiederherstellung zentraler Sehfunktion22. Oktober 2025 Implantation eines elektronischen Netzhautchips in der Augenklinik des UKB durch Frank Holz. Foto: © Universitätsklinikum Bonn / J.F. Saba Bei Patienten mit geographischer Atrophie (GA) konnte mithilfe eines Implantates erstmals die zentrale Sehfunktion teilweise wiederhergestellt werden. Dies ist das Ergebnis einer internationalen klinischen Studie. GA ist eine schwere Spätform der Altersabhängigen Makuladegeneration (AMD). Die Grundlage dieser ersten Ergebnisse ist nach Angaben der Augenklinik des Universitätsklinikums Bonn (UKB) ein innovatives subretinales Mikrochip-Implantat. Mehr als 80 Prozent der Teilnehmenden zeigten demnach deutliche Verbesserungen der Sehfunktion. Mehr als 84 Prozent hätten nach der Implantation wieder Buchstaben, Zahlen oder Wörter erkennen können. Die Studienergebnisse eines interdisziplinären Forschungsteams unter Federführung der UKB-Augenklinik und in Zusammenarbeit mit der Universität Bonn wurden im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Funktion degenerierter Photorezeptoren wird ersetzt „Die für die Umwandlung des Lichtes in elektrische Impulse verantwortlichen Zellen der Netzhaut sterben bei der AMD ab“, erläutert die Augenklinik. „Das nur zwei mal zwei Millimeter große und 30 Mikrometer dünne Prima-Implantat wird unter die Netzhaut im Rahmen eines mikrochirurgischen Eingriffes eingesetzt und ersetzt die Funktion degenerierter Photorezeptoren.“ Über eine spezielle Brille werde Infrarotlicht auf das Implantat projiziert, das dieses in elektrische Signale umwandele. Diese wiederum regten verbliebene, intakte Netzhautzellen an, wodurch im visuellen Cortex des Gehirns optische Wahrnehmungen entstünden. Sehfunktion bei den meisten Teilnehmern signifikant verbessert An der Studie nahmen nach Angaben des UKB insgesamt 38 Personen an 17 Kliniken in fünf Ländern teil. Die Ergebnisse hätten gezeigt, dass sich bei 81,3 Prozent der Teilnehmenden die Sehschärfe bereits nach zwölf Monaten signifikant verbessert habe – um mindestens zehn Buchstaben auf der standardisierten ETDRS-Sehtafel (ETDRS = Early Treatment Diabetic Retinopathy Study). Gleichzeitig sei das natürliche periphere Sehvermögen stabil geblieben. Die Patienten, so heißt es weiter, hätten das Implantat insgesamt gut vertragen. Die meisten Nebenwirkungen seien innerhalb der ersten acht Wochen aufgetreten. Erstmals partielle Wiederherstellung des Sehens „Diese Ergebnisse markieren einen Meilenstein in der Behandlung der geographischen Atrophie. Erstmals gelingt es, zentrale Sehfunktionen bei fortgeschrittener AMD teilweise zurückzugewinnen“, erklärt Erstautor und klinischer Koordinator der Studie, Prof. Frank Holz, Direktor der Augenklinik des UKB und Netzhautchirurg, der auch an der Universität Bonn forscht. „Für viele Betroffene eröffnet sich dadurch eine neue Perspektive.“ Auch Dr. Mahi Muquit, Netzhautchirurg am Moorfields Eye Hospital in London (Großbritannien) und Co-Autor der Studie, betont die Tragweite: „Während bisherige Therapien meist nur das Fortschreiten der Erkrankung bremsen, erlaubt dieser Ansatz erstmals eine partielle Wiederherstellung des Sehens – ein echter Paradigmenwechsel.“ Expertengruppe: Nutzen überwiegt Risiken Ein unabhängiges Data Safety Monitoring Board hat sich laut Mitteilung des UKB einstimmig für eine Zulassung der Technologie auf dem europäischen Markt ausgesprochen. Die Expertengruppe sei zu dem Schluss gekommen, dass der klinische Nutzen die potenziellen Risiken überwiege. Die getestete Implantatversion richtet sich nach Angaben des Bonner Universitätsklinikums an Menschen mit fortgeschrittener trockener AMD und Verlust des zentralen Sehens. Weitere Verbesserungen von Bildverarbeitung und Tragekomfort befänden sich bereits in der Entwicklung. Zulassungsverfahren in Europa seien angelaufen.
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