Gepotidacin bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen

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Das Antibiotikum Gepotidacin hat sich in 2 Studien als wirksam mit akzeptablem Sicherheitsprofil zur Therapie von unkomplizierten Harnwegsinfektionen (HWI) bei Frauen erwiesen. Da es gegen häufige Uropathogene, einschließlich klinisch bedeutsamer arzneimittelresistenter Phänotypen, wirkt, könne die Substanz den Autoren zufolge für die Patientinnen erhebliche Vorteile bieten.

Gepotidacin ist das erste Antibiotikum aus einer neuen Klasse. Es handelt sich um ein Triazaacenaphthylen, das die bakterielle DNA-Replikation durch einen besonderen Wirkmechanismus hemmt, indem es an eine spezielle Bindungsstelle zweier Typ-II-Topoisomerasen bindet. Untersucht wurde es in den Studien EAGLE-2 und EAGLE-3, über die Prof. Florian Wagenlehner, Direktor der Gießener Universitätsklinik für Urologie, Kinderurologie und Andrologie und seine Coautoren in „The Lancet“ berichten.

EAGLE-2 und EAGLE-3 waren randomisierte, multizentrische, doppelblinde Doppel-Dummy-Nicht­unterlegenheitsstudien (Grenzwert: 10%) der Phase III an weltweit 219 Zentren. Die Studien wurden vom Pharmaunternehmen GSK finanziell unterstützt. Teilnehmerinnen waren Menschen, die bei der Geburt als weiblich eingestuft worden waren, nicht schwanger, ≥12 Jahre alt waren, ≥40 kg wogen und unter ≥2 HWI-Symptomen litten. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip (1:1) der Behandlung mit oralem Gepotidacin (1500 mg 2-mal täglich über 5 Tage) oder oralem Nitrofurantoin (100 mg 2-mal täglich über 5 Tage) zugeteilt, wobei die Randomisierung nach Alterskategorie und Vorgeschichte von Rezidiven stratifiziert wurde.

Der primäre Endpunkt war das therapeutische Ansprechen (Erfolg oder Misserfolg) am Tag der Wirksamkeitsbeurteilung (d.h. Tag 10–13). Dies überprüften die Wissenschaftler bei randomisierten Patientinnen, deren Pathogene als Nitrofurantoin-empfindlich qualifiziert waren (≥105 koloniebildende Einheiten [KBE]/ml) und die ≥1 Dosis der Studienbehandlung erhalten hatten.

In Übereinstimmung mit den behördlichen Richtlinien wurde der therapeutische Erfolg als Kombination aus klinischem und mikrobiologischem Erfolg (d.h. vollständige Beseitigung der Symptome bzw. Reduzierung qualifizierter Uropathogene auf <103 KBE/ml) ohne andere systemische antimikrobielle Anwendung definiert. Die Sicherheitsanalysen erstreckten sich auf die randomisierten Patientinnen, die ≥1 Studienbehandlung erhalten hatten.

Die Studien wurden vom 17.10.2019 bis zum 30.11.2022 (EAGLE-2) und vom 23.04.2020 bis zum 01.12.2022 (EAGLE-3) durchgeführt. 1680 Patientinnen in EAGLE-2 und 1731 Patientinnen in EAGLE-3 wurden auf ihre Eignung untersucht, von denen 1531 bzw. 1605 zufällig randomisiert wurden (767 in der Gepotidacin-Gruppe und 764 in der Nitrofurantoin-Gruppe in EAGLE-2 bzw. 805 in der Gepotidacin-Gruppe und 800 in der Nitrofurantoin-Gruppe in EAGLE-3).

Nach einer Zwischenanalyse, die prospektiv als Protokolländerung vereinbart worden war, wurden beide Studien aus Wirksamkeitsgründen abgebrochen. Somit umfasste die primäre Analysepopulation nur Patientinnen, die zum Stichtag die Möglichkeit hatten, den Tag der Wirksamkeitsbeurteilung zu erreichen, oder von denen bekannt war, dass sie vor diesem Tag keinen therapeutischen Erfolg erzielt hatten. In EAGLE-2 hatten 162 (50,6%) der 320 mit Gepotidacin behandelten Patientinnen und 135 (47,0%) der 287 mit Nitrofurantoin behandelten Patientinnen einen Therapieerfolg (bereinigte Differenz 4,3%; 95%-KI −3,6 bis 12,1).

In EAGLE-3 erwies sich die Therapie bei 162 (58,5%) der 277 mit Gepotidacin behandelten Patientinnen und bei 115 (43,6%) der 264 mit Nitrofurantoin behandelten Patientinnen als erfolgreich (bereinigte Differenz 14,6%; 95%-KI 6,4–22,8). Folglich war Gepotidacin gegenüber Nitrofurantoin in beiden Studien nicht unterlegen und in EAGLE-3 sogar überlegen.

Die häufigste Nebenwirkung unter Gepotidacin war Durchfall (beobachtet bei 111 [14%] von 766 Patientinnen in EAGLE-2 und bei 147 [18%] von 804 Patientinnen in EAGLE-3), wohingegen die häufigste Nebenwirkung unter Nitrofurantoin Übelkeit war (bei 29 [4%] von 760 Patientinnen in EAGLE-2 und bei 35 [4%] von 798 Patientinnen in EAGLE-3). Die Fälle waren meist leicht oder mittelschwer. Es traten keine lebensbedrohlichen oder tödlichen Ereignisse auf.

Fazit
Gepotidacin sei gegen gängige Uropathogene, einschließlich klinisch wichtiger arzneimittelresistenter Phänotypen, wirksam, und habe das Potenzial, Betroffenen einen erheblichen Nutzen zu bieten, resümieren die Studienautoren (ms)

Autoren: Wagenlehner F et al.
Korrespondenz: Florian Wagenlehner, [email protected]
Studie: Oral gepotidacin versus nitrofurantoin in patients with uncomplicated urinary tract infection (EAGLE-2 and EAGLE-3): two randomised, controlled, double-blind, double-dummy, phase 3, non-inferiority trials
Quelle: Lancet 2024 Feb 24; 403(10428):741-755.
Web: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(23)02196-7