Gesundes-Herz-Gesetz: Fachgesellschaften rufen Bundestagsabgeordnete zu Unterstützung auf

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Das Gesundes-Herz-Gesetz steht stark in der Kritik. Gemeinsam hinter dem Gesetz stehen herzmedizinische Fachgesellschaften und Verbände. Kurz vor der ersten Lesung im Bundestag machen sie den Faktencheck.

Das Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) sorgt seit Monaten für eine gewisse Unruhe in der medizinischen Fachwelt. Kritiker stellen den Sinn von Vorsorgeuntersuchungen infrage und fürchten eine Überindikation mit Herzmedikamenten. Am 6. November findet im Bundestag die erste Beratung zum geplanten GHG statt, für das mittlerweile auch der Gemeinsame-Bundesauschuss grünes Licht gibt.

Das nehmen die herzmedizinischen Fachgesellschaften und die Patientenvertretung der Nationalen Herz-Allianz (NHA) sowie die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) zum Anlass, ihre Unterstützung des Entwurfs zu bekräftigen und auf bisherige Kritik zu reagieren.

Deutschland ist Herz-Problemland

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) hebt im Namen der beteiligten Organisationen hervor, dass Herz-Kreislauferkrankungen die häufigste Todesursache in Deutschland sind und ein Drittel aller Sterbefälle verursachen. Trotz hoher Gesundheitsausgaben belegt Deutschland in der Lebenserwartung den letzten Platz in Westeuropa – die Lebenserwartung der Deutschen liegt 1,7 Jahre unter dem Durchschnitt. Als Hauptgrund hierfür nennt die DGK die unzureichende kardiovaskuläre Prävention. Aktuelle Daten zeigen, dass Deutschland in der Prävalenz vermeidbarer kardiovaskulärer Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes mellitus und Adipositas an der europäischen Spitze liegt.

Vorsorge muss überall ankommen

„Die Sinnhaftigkeit und der Erfolg von Vorsorgeuntersuchungen, insbesondere zur Erkennung und Beratung mit Blick auf vermeidbare kardiovaskuläre Risikofaktoren, sind sowohl durch randomisierte Studien als auch Register-Daten belegt“, hebt die DGK hervor. Leider kämen diese Maßnahmen nicht immer bei sozial Benachteiligten an. Deshalb sollte nach Ansicht der Fachgesellschaft das GHG einen zusätzlichen Fokus auf die strukturelle Primär- und Verhältnisprävention legen.

Statine nicht für alle – aber für die, die sie brauchen

Das Gesetz sieht unter anderem die erleichterte Verordnung von Statinen für Hoch-Risiko-Patienten vor, wodurch die europaweit anerkannten Empfehlungen der European Society of Cardiology (ESC) aufgegriffen werden. „Hierbei geht es nicht um eine Erweiterung der Indikation, wie es von Kritikern des Gesetzes oft missinterpretiert wird. Vielmehr soll eine in Deutschland teilweise existierende Unterversorgung in der Primär- aber auch Sekundärprävention adressiert werden“, betont die DGK. Bei Kosten von etwa 50 Euro pro Jahr und nachgewiesener Wirksamkeit sei dies eine kosteneffiziente Maßnahme zur Primärprävention.

Familiäre Hypercholesterinämie unterdiagnostiziert

Als „besonders besorgniserregend“ bezeichnet die DGK die unzureichende Diagnostik genetisch bedingter Erkrankungen wie der familiären Hypercholesterinämie (FH). Sie ist mit einer Prävalenz von rund 1:200 eine der häufigsten Erbkrankheiten. In Deutschland sind nach Angaben der DGK deutlich weniger als fünf Prozent der Betroffenen diagnostiziert. „Eine gesetzliche Regelung zur Früherkennung dieser Erkrankung, insbesondere bei Kindern, könnte dazu beitragen, Herzinfarkte in jungen Jahren zu verhindern“, sind die Partner der NHA und die DGIM sicher. Ihren Berechnungen zufolge könnten Betroffene mit gezielter Statintherapie so bis zu 15 Lebensjahre hinzugewinnen. Sie betonen auch: Laut Gesetz ist es nicht geplant, eine Statintherapie bei Kindern ohne genetisch determinierte FH zu initiieren. Ein aktueller IQWiG-Bericht urteilt über ein systematisches Screening bei Erwachsenen und ein Kaskadenscreening bei Kindern sowie die Initiierung einer Statintherapie jedoch grundsätzlich positiv.

Nationale Herzstrategie muss langfristiges Ziel bleiben

„Das GHG ist ein bedeutender Schritt, um die Herz-Kreislauf-Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern. Es ist jedoch entscheidend, dass diese Initiative in eine umfassende nationale Herz-Kreislauf-Gesundheitsstrategie mündet“, erklärt die NHA. Hierbei seien nicht nur Maßnahmen zur Verhältnis- und Verhaltensprävention gefragt, sondern auch die frühzeitige Lebensstilmodifikation im Kindesalter sowie die Anerkennung genetischer Ursachen und Nikotinsucht als Krankheit. Zusätzlich, so die kardiologischen Experten, sollte die Förderung der Laienreanimation nicht vernachlässigt werden – durch gezielte Programme könnten hierdurch jährlich bis zu 10.000 Menschenleben gerettet werden.

Unterstützt wird diese Positionen von folgenden Organisationen:

  • Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V.
  • Bundesverband Niedergelassener Kardiologen e. V. (DGK)
  • Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG)
  • Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e. V. (DGPK)
  • Arbeitsgemeinschaft Leitende Kardiologische Krankenhausärzte e. V. (ALKK)
  • Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e. V. (DZHK)
  • Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von HerzHerz-Kreislauferkrankungen e. V. (DGPR)
  • Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Kinderkardiologen e. V. (ALKK)
  • Deutsche Herzstiftung e. V.
  • Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM)