Gesundheitsfaktor Ernährungsstatus – Mängel bei Patienten schnell erkennen und beheben

Mangelernährung kann sich auch hinter Übergewicht verstecken. Bild: ©ssstocker – stock.adobe.com

Seit Jahresende 2024 bieten das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) und die Techniker Krankenkasse (TK) im Rahmen eines Qualitätsvertrags eine umfassende Diagnostik, Therapie und Prävention von Mangelernährung an. Mittlerweile sind die DAK und ab dem 01.03.2025 die Barmer ebenfalls dem Vertrag beigetreten.

Krankheits- oder altersbedingte Mangelernährung wird oft kaum oder viel zu spät wahrgenommen. Dabei leidet jeder zweite bis fünfte Krankenhauspatient an Mangelernährung; rund ein Drittel der Krebs- und Tumorpatienten ist betroffen. Auch nach chirurgischen Eingriffen im Magen-Darm-Bereich ist jeder Dritte mangelernährt.

Das UKL widmet sich seit mehreren Jahren dieser Problematik und hat als eines der ersten Klinika in Deutschland ein flächendeckendes stationäres Ernährungsscreening etabliert. Nun wird dieser Ansatz mit dem zusammen mit der TK etablierten Qualitätsvertrag Mangelernährung verstetigt und ausgebaut.

Seit Jahresende 2024 bieten das UKL und die TK im Rahmen eines Qualitätsvertrags eine umfassende Diagnostik, Therapie und Prävention von Mangelernährung an. Das UKL ist bereits seit Jahren Vorreiter auf dem Gebiet der Diagnose und Therapie von Mangelernährung. So screenen die Leipziger als eines der ersten Klinika in Deutschland alle stationären Patienten auf eine drohende oder bereits bestehende Mangelernährung, um hier während des Klinikaufenthaltes ein Ernährungsregime zu erstellen, das anschließend auch weiterführend umgesetzt werden kann.

Hintergrund ist die große Rolle der oft nicht erkannten Mangelernährung vor allem bei schwerkranken Patienten, wodurch deren Behandlung und Genesung nachhaltig beeinträchtigt werden kann. Der Bedarf ist groß: Daten belegen, dass 20 bis 30 Prozent aller Krankenhauspatienten mangelhaft ernährt sind, insbesondere Menschen im höheren Alter sowie solche mit chronischen und gravierenden Erkrankungen.

Ziel: Routinemäßiges Screening samt Ernährungstherapie prüfen

Ziel des Vertrags ist es, die Umsetzung eines routinemäßigen Screenings auf Mangelernährung mit folgender Ernährungstherapie im klinischen Alltag zu prüfen. „So können standardisierte Fragen zum Gewichtsverlauf und anschließend zum Beispiel nach Kau- und Schluckbeschwerden auf Ernährungsprobleme hinweisen und damit die Indikation zur Ernährungstherapie begründen“, erläutert Lars Selig, Ernährungstherapeut und Leiter des Ernährungsteams. „Bei der Umsetzung dieses Konzeptes arbeiten wir eng mit Ärzten und Pflegepersonal der jeweiligen Stationen zusammen.“

Das UKL verfügt dabei über einen entscheidenden Vorteil − ein großes Ernährungsteam. Nur drei bis fünf Prozent aller deutschen Kliniken haben Ernährungsteams, was die ernährungsmedizinische Versorgung erschwert.

Auch deshalb fiel die Wahl der TK auf das UKL als Vertragspartner. „Das Uniklinikum Leipzig ist hier wirklich ein Vorreiter“, erläutert Alexander Krauß, Leiter der TK-Landesvertretung Sachsen. „Es ist in der ernährungsmedizinischen Versorgung bereits sehr gut aufgestellt, aber wir haben uns gemeinsam bemüht, im Qualitätsvertrag etwas zu vereinbaren, was die Versorgung noch weiter verbessert.“

Qualitätsverträge können zwischen Kliniken und Krankenkassen geschlossen werden und sind immer befristet. „Ziel der im Vertrag festgelegten Maßnahmen ist es, die Qualität der Versorgung von Patient:innen mit onkologischen, viszeralchirurgischen und geriatrischen Diagnosen wirksam zu verbessern. Wir sind überzeugt davon, dass wir hier mit dem Partner UKL gemeinsam viel erreichen können“, so Krauß.

„Mangelernährung mag in Zeiten der Überernährung ungewöhnlich erscheinen, ist aber im Krankenhaus ein zentrales Thema“, erklärt Oberarzt Dr. Haiko Schlögl, ärztlicher Leiter des Ernährungsteams. „Es bedeutet, dass ein Mensch nicht ausreichend Nahrung, darunter auch Vitamine und andere Mikronährstoffe, zu sich nimmt, um seine Körperfunktionen aufrechtzuerhalten.“

Dadurch wird nicht nur die Lebensqualität beeinträchtigt, sondern es erhöht sich auch die Gefahr von Komplikationen beispielsweise nach einer Operation oder Infektionen während des stationären Aufenthaltes. Notwendige Therapien wie z. B. Chemotherapie werden schlechter vertragen und können nicht in der erforderlichen Dosis gegeben werden.

Bei Normal- oder Übergewicht oft unbemerkt

Die Ursachen für Mangelernährung sind vielfältig: Kau-/Schluckprobleme, Stoffwechselveränderungen, Appetitlosigkeit oder psychische Faktoren. Da auch Patienten mit Normal- und Übergewicht betroffen sein können, bleibt Mangelernährung oft unbemerkt. Eine frühzeitige Ernährungstherapie hat nachweislich viele positive Effekte bis hin zur Reduktion des Sterblichkeitsrisikos bei schwerkranken Patienten.

„Die Grundlage dafür bildet die verlässliche Identifizierung der Betroffenen in der Eingangsuntersuchung und die wirksame Intervention“, resümiert Schlögl. „Wir sind sehr froh darüber, dass wir dank dieses Vertrags nunmehr das Screening und die anschließende Ernährungstherapie, die bisher von den Krankenkassen nicht finanziert wurden, jetzt im Interesse unserer Patient:innen für Versicherte der teilnehmenden Kassen auch auf einer abgesicherten Grundlage für die Laufzeit des Qualitätsvertrages bis Ende 2027 anbieten können.“

Seit dem ersten Dezember in Kraft

Dieser Vertrag ist zum 01.12.2024 in Kraft getreten und endet am 31.12.2027. Der Vertragszeitraum ist geteilt in die Nullwertmessung (01.12.2024 bis 31.05.2025) und den Interventionszeitraum (01.06.2025 bis 31.12.2027). Die im Vertrag festgelegten Leistungen werden also erst ab dem 01.06.2025 durchgeführt. Damit können die Vertragsleistungen erst später in Anspruch genommen werden. Inzwischen sind mit der DAK sowie ab 01.03.2025 der BARMER weitere Krankenkassen dem Vertrag beigetreten.