Gewebebrücken als zuverlässige Prädiktoren zur Genesung bei Halswirbelsäulenverletzungen

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Die Prognose nach einer Rückenmarkverletzung (SCI) ist für die Betroffenen und ihr Umfeld von großer Bedeutung. Bisher blieb sie aber ungenau. Forschern ist es nun gelungen, den Wert von Neuroimaging-Messungen für die Vorhersage der sensorischen und motorischen Genesung bei Menschen mit Tetraplegie aufzuzeigen. Ausschlaggebend hierfür sind die „spinalen Gewebebrücken“.

Das Team um Erstautor Dr. Dario Pfyffer und Seniorautor Prof. Patrick Freund von der Universitätsklinik Balgrist und der Universität Zürich, Schweiz, dem internationale SCI-Experten angehören, hat in einer großen, multizentrischen Kohorte von Patienten mit zervikaler SCI Modelle entwickelt, die Gewebebrücken im Rückenmark für eine verbesserte Prognose der klinischen Ergebnisse einbeziehen. Diese Gewebebrücken wurden auf früh nach Eintreten der Rückenmarksverletzung aufgenommenen MRT-Bildern gemessen. Dadurch ergab sich den Forschenden zufolge für die bisherigen Prognosemodelle, die auf der Erfassung des klinischen Zustandes der Patienten bei deren Eintritt ins Krankenhaus basieren, ein entscheidender Mehrwert. „Eine genaue Ergebnisvorhersage ist für die Patienten, die behandelnden Therapeuten und die behandelnden Ärzte von größter Bedeutung“, erklärte Pfyffer dazu.

Bemerkenswerterweise haben sich in allen an der Studie beteiligten Rehabilitationszentren die Gewebebrücken auch als leistungsfähigere und genauere Prädiktoren erwiesen als die klinischen Ausgangsdaten zur Einteilung der Patienten in Untergruppen mit ähnlichen klinischen Ergebnissen. Pfyffer betont, wie wichtig es ist, dass die Modelle zur Vorhersage der Genesung reproduzierbar und auf neue Patienten verallgemeinerbar sind. Insbesondere wurden die Studienergebnisse in den einzelnen SCI-Patientenkohorten der drei Zentren mit ihren demografischen und klinischen Unterschieden validiert. „Unsere Modelle und Ergebnisse können auf andere Patientenkohorten übertragen werden und sind für alle SCI-Zentren, MRT-Scanner und Personen, die die Messungen durchführen und beurteilen gültig.“ Damit sei der Grundstein für eine erfolgreiche Anwendung von Gewebebrücken zur verbesserten Durchführung von multizentrischen Interventionsstudien gelegt, erklärte Pfyffer.

In der Studie hatten die Wissenschaftler die Fortschritte in der Genesung bei Entlassung des Patienten etwa drei Monate nach der Verletzung und bei der Nachuntersuchung nach zwölf Monaten untersucht. Dadurch konnte die Studie überzeugende Beweise dafür liefern, dass Gewebebrücken im Rückenmark mit kurz- und langfristigen klinischen Verbesserungen einhergehen, was die breite klinische Anwendbarkeit des Studienansatzes unterstreicht.

Die Studie zeige das „unglaubliche Potenzial von Gewebebrücken zur Optimierung der klinischen Entscheidungsfindung, der Patientenberatung und der Planung von SCI-Studien, wenn die Gewebebrücken routinemäßig als Teil der klinischen Versorgungsstandards erfasst werde. Sie ist ein weiterer Schritt bei der Entwicklung spezifischerer Rehabilitationsprogramme und individualisierter Behandlungsstrategien für Menschen mit einer Rückenmarksverletzung“, heißt es in einer Pressemitteilung der Universität Zürich. Neben der Universitätsklinik Balgrist waren das Traumazentrum Murnau (Deutschland) und das Craig Hospital, Denver (USA), an der Studie beteiligt.