Gezielte Stimulation für eine bessere Parkinson-Therapie11. November 2024 Foto: © Silver Place – stock.adobe.com Tübinger Forschende haben die klassische Methode der Tiefen Hirnstimulation mit einer neueren, fokussierten Methode verglichen und herausgefunden, wann welche Stimulation am effektivsten ist. Werden die Elektroden bei beiden Methoden an einem „Sweet Spot“ im Gehirn positioniert, wird die motorische Beweglichkeit verbessert, ohne kognitive Funktionen zu beeinträchtigen. Den Tagesablauf organisieren, auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren oder sich länger auf eine Aufgabe zu konzentrieren – exekutive Fähigkeiten sind bei Menschen mit Parkinson oft eingeschränkt. Die Lebensqualität der Betroffenen wird erheblich beeinflusst, zumal diese durch motorische Parkinson-Symptome wie Zittern, Bewegungsverlangsamung und Muskelsteifheit bereits deutlich im Alltag eingeschränkt sind. Die exekutiven Funktionen bei Patienten bestmöglich zu schonen, ist deshalb essenziell. Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist eine bewährte Behandlungsmethode bei Parkinson, insbesondere um Bewegungsstörungen zu lindern. Die klassische zirkuläre Stimulation setzt hierbei elektrische Impulse kreisförmig um die Elektroden herum frei, was zu einer gleichmäßigen Wirkung in der umliegenden Hirnregion führt. Im Gegensatz dazu ermöglicht eine neuere, fokussierte Stimulation, die elektrischen Impulse in eine spezifische Richtung zu lenken. „Bestimmte Areale des Gehirns können mit der gerichteten Stimulation gezielter angesprochen werden. Unerwünschte Nebenwirkungen, die durch eine unbeabsichtigte Stimulation benachbarter Bereiche entstehen könnten, werden vermieden“, erklärt Prof. Alireza Gharabaghi, Ärztlicher Direktor des Tübinger Instituts für Neuromodulation und Neurotechnologie, der bereits Hunderte Patienten mit der THS behandelt hat. Fokussierte Stimulation bei unerwünschten Wirkungen Welche Wirkung beide Stimulationsvarianten auf motorische und nichtmotorische Symptome der Parkinson-Erkrankung haben, war bisher nicht hinreichend erforscht. In einer Studie hat das interdisziplinäre Team um Gharabaghi deshalb die klassische zirkuläre und die neue fokussierte Stimulation nacheinander und in zufälliger Reihenfolge miteinander verglichen. Weder die Patienten noch die Wissenschaftler wussten, welche Methode gerade angewendet wurde, um möglichst objektive Befunde zu erhalten. Die Untersuchungen nach der Stimulation wurden nicht nur innerhalb eines Tages, sondern auch nach jeweils dreiwöchigen Stimulationsphasen durchgeführt, damit langsam auftretende Stimulationseffekte, etwa auf kognitive Funktionen, ebenfalls erfasst werden konnten. Während beide Stimulationsmethoden kurzfristig grundsätzlich gleichermaßen wirksam waren, traten in den nachfolgenden Wochen Unterschiede auf. Die motorischen Symptome verbesserten sich durch die klassische zirkuläre Stimulation. Allerdings wurden kognitive Funktionen beeinträchtigt. In diesen Fällen konnten die kognitiven Nebenwirkungen durch die neue fokussierte Stimulation reduziert werden. Allerdings bestand dann die Möglichkeit, dass sich die motorische Bewegungsfähigkeit längerfristig weniger verbesserte als mit der klassischen Stimulation. „Die Ergebnisse zeigen, dass die klassische zirkuläre Stimulation eine bewährte Methode für eine langfristige Verbesserung der motorischen Fähigkeiten ist. Die fokussierte Stimulation hingegen kann eine ergänzende Rolle bei Nebenwirkungen spielen“, erläutert Prof. Daniel Weiss, Leiter der Ambulanz für Tiefe Hirnstimulation am Uniklinikum. Optimale Therapie durch Stimulation am „Sweet-Spot“ Nicht nur ist entscheidend, mit welcher Methode stimuliert wird, sondern auch, an welcher Stelle innerhalb des subthalamischen Kern des Gehirns die Elektroden positioniert werden. Die Studie konnte zeigen, dass die Positionierung der Elektroden an einer bestimmten Stelle, dem „Sweet-Spot“ im subthalamischen Kern, einen erheblichen Einfluss auf die Therapieergebnisse hat. Um diesen Punkt zu ermitteln, wurden die jeweiligen Effekte der Stimulation mit der genauen Position der Elektroden verglichen. Bereits wenige Millimeter Distanz zum Sweet-Spot riefen kognitive Nebenwirkungen hervor. „Wir verstehen nun besser, wo und wie wir stimulieren müssen, um nicht nur motorische Symptome effektiv zu behandeln, sondern auch um kognitive Funktionen zu schonen“, erläutert Gharabaghi. Sowohl Behandlungsstrategien als auch die Platzierung der Elektroden könnten zukünftig verbessert werden. „Dies ist ein weiterer Schritt hin zu einer individuelleren und präziseren Therapie für Menschen mit Parkinson.“
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