Gibt es bald neue Therapieansätze bei schweren COVID-19-Verläufen?26. Januar 2022 Lehrstuhlinhaber Systembiologie Fred Schaper (hinten) und die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Anna Dittrich, die das Forschungsprojekt am Institut für Biologie der Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Magdeburg gemeinsam betreuen. (Foto: © Jana Dünnhaupt/Uni Magdburg) Ein Biologenteam der Universität Magdeburg hat Ursachen von Gefäßschädigungen bei schweren COVID-19-Verläufen entschlüsselt. In einem soeben von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG mit 500.000 Euro bewilligten Forschungsprojekt werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Systembiologie der Universität Magdeburg mit Kolleginnen und Kollegen vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung HZI in Braunschweig unter Laborbedingungen untersuchen, was zu der mit einem schweren COVID-19-Verlauf einhergehenden gravierenden Schädigung unseres Blutgefäßsystems führt und damit neue Therapieansätze vorantreiben. Das Team um Prof. Fred Schaper und Dr. Anna Dittrich will herausfinden, ob diese Gefäßschädigungen durch die Infektion von Blutgefäßzellen mit dem SARS-CoV-2-Virus oder etwa durch den körpereigenen Botenstoff Interleukin-6, einem Protein, das schwere Entzündungsreaktionen im Körper bewirkt, ausgelöst werden. Parallel dazu wollen die Wissenschaftler den Einfluss von Glucocorticoiden auf die Schwere der Gefäßschädigungen messen. Die genauen Mechanismen der Wirkungen und Nebenwirkungen von Glucocorticoide sind jedoch bis heute nicht ausreichend verstanden. „Bei Menschen mit schweren COVID-19-Verläufen stellen Komplikationen in den Gefäßen des Blutkreislaufsystems, ein wesentliches Risiko dar“, so der Leiter des Forschungsprojektes, Prof. Fred Schaper. „Deren Ursachen sind noch weithin unbekannt und uns stehen, außer der Prävention einer schweren Erkrankung durch Impfungen, darum bisher kaum wirkungsvolle Medikamente zur Behandlung von COVID-19 zur Verfügung.“ 10 bis 20 Prozent der mit SARS-CoV2 infizierten Patientinnen und Patienten entwickelten schwerwiegende Symptome, so der Biologe weiter. „Bei diesen Menschen, das wissen wir bereits, kommt es zu einer unkontrollierten und in Teilen lebensbedrohlichen Freisetzung des entzündungsregulierenden Proteins Interleukin-6.“ Die Konzentration von Interleukin-6 im Blut von Patientinnen und Patienten mit COVID-19 sei also ganz klar ein Indikator für die Schwere der Erkrankung. Die entscheidende Rolle von Interleukin-6 bei der COVID-19-Erkrankung werde auch dadurch deutlich, dass inzwischen, auch in Deutschland, die Behandlung von schwer erkrankten COVID-19-Patientinnen und -Patienten mit Medikamenten empfohlen werde, die die Funktion von Interleukin-6 blockieren. Darüber hinaus reduzierten immunsuppressive Glucocorticoide die Todesrate bestimmter COVID-19-Patientinnen und -Patienten. Bemerkenswert dabei sei es, so Schaper, dass sich die durch Glucocorticoide und die durch Interleukin-6 genutzten zellulären Signalwege wechselseitig beeinflussen. „Um die Wirkung der Glucocorticoid-Behandlung und der Interleukin-6-Blockade auf COVID-19 zu verstehen sowie möglichen unerwünschten Nebeneffekten der Therapien auf das Gefäßsystem zu begegnen, müssen die molekularen Mechanismen der Wechselwirkung von Glucocorticoiden und Interleukin-6 in der SARS-CoV2-Infektion und der Entwicklung von COVID-19 aufgeklärt werden.“ In In-vitro-Gefäßmodellen und mithilfe von Einzelzellanalysen wird das Team der Universität Magdeburg zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen aus Braunschweig die Folgen der SARS-CoV2-Infektion für unterschiedliche Gefäßzelltypen wie Endothelzellen und Gefäßmuskelzellen erforschen. „Um pathophysiologische, also krankheitsbedingte, Vorgänge in Blutgefäßen wirklichkeitsnah zu simulieren, werden die verschiedenen Gefäßzelltypen nicht einzeln untersucht, sondern gemeinsam kultiviert“, erläutert Schaper. „So bilden sich 3-dimensionale Strukturen aus, die es uns erlauben, die Interaktion der einzelnen Zelltypen und gefäßspezifische Funktionen, wie Durchlässigkeit oder Neubildung, zu untersuchen.“ Mithilfe dieser Gefäßmodelle werde das Zusammenspiel zwischen infizierten und nichtinfizierten Zellen sowie die Rolle des körpereigenen Proteins Interleukin-6 und und der therapeutisch eingesetzten Glucocorticoide für die Gefäßschädigung erforscht. „Die jeweiligen Gefäßmodelle werden zusätzlich so angepasst, dass spezifisch einzelne Zelltypen stimuliert werden können, die eine bestimmte Funktion ausüben.“ Mithilfe moderner Mikroskopier- und Sequenzierverfahren könnten anschließend die Reaktionen einzelner, infizierter oder nichtinfizierter Zellen analysiert werden. Originalpublikation: Intravaskulärer Crosstalk von Interleukin-6 und therapeutischen Glukokortikoiden bei SARS-CoV2-Infektion, DFG-SCHA 785/15-1 / WI 2648/6-1
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