GKV-Spitzenverband: Bei der Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen ist noch viel zu tun1. Dezember 2023 Foto: © Bits and Splits/stock.adobe.com 1,13 Milliarden Euro Gesamtschaden durch Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen – diese Summe ergibt sich aus der amtlichen polizeilichen Kriminalstatistik der vergangenen 20 Jahre. Um gegen solches Fehlverhalten vorzugehen, wurden 2004 die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen geschaffen. Doch es gibt noch immer viel zu tun, erklärt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) in einer aktuellen Mitteilung – denn der Schaden durch nicht bekanntgewordene Fälle sei auch nach Ansicht des Bundeskriminalamtes vermutlich um ein Vielfaches größer. In Deutschland gebe es jedoch keine belastbaren kriminologischen Studien zum Dunkelfeld von kriminellem Fehlerhalten im Gesundheitswesen, während in den europäischen Nachbarländern schon lange dazu geforscht werde. „Obwohl sich auch die Justizministerkonferenz 2022 einstimmig dafür ausgesprochen hat, bleibt die Bundesregierung untätig“, erklärt der GKV-Spitzenverband. GKV-Spitzenverband: „Spezialisierte Strafverfolgungsbehörden nötig“ Der GKV-Spitzenverband hat ein weiteres Problem ausgemacht: Es gebe zu wenige Spezialeinheiten der Polizei und spezialisierte Staatsanwaltschaften, um weitreichend gegen Betrug und Korruption im Gesundheitswesen vorgehen zu können. Genau das sei aber aufgrund der „Komplexität der Materie“ für den Erfolg entscheidend. Hier müsse auch von den Ländern weiter nachgebessert werden, damit alle 16 Bundesländer auf dem notwendigen Niveau ausgestattet seien, meint der Verband. Wichtig sei darüber hinaus ein besserer Schutz von Hinweisgebenden. Auch nach Inkrafttreten des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes blieben diese weiterhin ungeschützt. Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender beim GKV-Spitzenverband, sagt: „Jedes Jahr gehen durch Abrechnungsbetrug und Korruption im Gesundheitswesen hohe Millionenbeträge verloren – Geld, das in dunklen Kanälen versickert, statt sinnvoll in der medizinischen Versorgung eingesetzt werden zu können. Es ist daher in unser aller Interesse, noch effektiver gegen Betrug und Korruption vorzugehen. Dafür brauchen wir endlich eine Dunkelfeldstudie als Grundlage für ein evidenzbasiertes, wirksames Konzept zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen.“ „Seit 20 Jahren bringt sich die Selbstverwaltung aktiv in die Gesetzgebung ein, um die Fehlverhaltensbekämpfungsstellen und ihre wichtige Arbeit zu stärken“, ergänzt Dr. Susanne Wagenmann, Verwaltungsratsvorsitzende beim GKV-Spitzenverband. „Dadurch ist eine effektive kassenübergreifende Struktur zum Kampf gegen Betrug und Korruption im Gesundheitswesen entstanden. Für bessere Rahmenbedingungen muss die Politik den rechtlichen Rahmen nun weiter ausgestalten. Das heißt zum Beispiel, im Zeitalter der Digitalisierung auch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernens zur Verhinderung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen zu ermöglichen.“ Fehlverhaltensbericht: 132 Millionen Euro Schaden in 2020/2021 Der aktuelle, siebte Fehlverhaltensbericht des GKV-Spitzenverbandes beleuchtet die Jahre 2020 und 2021. Allein der ermittelbare Schaden beträgt demnach in diesem Zeitraum rund 132 Millionen Euro, wovon weniger als die Hälfte zurückgeholt werden konnte – es bleibt laut dem Verband also ein erheblicher Schaden für die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung. Zu einem Brennpunkt habe sich der Bereich der häuslichen Krankenpflege entwickelt. Die mit Abstand höchsten Forderungen von über 14,96 Millionen Euro konnten hier gesichert werden. Erstmals seien in diesem Leistungsbereich aber auch die mit Abstand höchsten Schäden in Höhe von 29,60 Millionen Euro entstanden. Wie der GKV-Spitzenverband mitteilt, weist der Bericht erstmals auf einen Rückgang verfolgter Neufälle um 17 Prozent hin (2020/2021: 23.341 Neufälle vs. 2018/2019: 28.197 Neufälle). Ebenso hätten sich die bei den Kassen eingegangenen Hinweise auf Fehlverhalten um 6,5 Prozent verringert (2020/2021: 39.600 Hinweise vs. 2018/2019: 42.350 Hinweise). Dies, so meint der Verband, sei auch auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen, da in dieser Zeit unter anderem die Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen des Medizinischen Dienstes ausgesetzt wurden. Die Pandemie hat nach Meinung des GKV-Spitzenverbandes zudem die Hinweisprüfung und die Ermittlung von Neufällen verzögert sowie die Verfahrensdauer der verfolgten Bestandsfälle verlängert. Die bei allen gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen und beim GKV-Spitzenverband seit dem Jahr 2004 eingerichteten Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen gehen gem. §§ 197a SGB V, 47a SGB XI Hinweisen nach, die auf „Unregelmäßigkeiten“ oder eine „rechtswidrige Nutzung von Finanzmitteln“ im Zusammenhang mit den Aufgaben der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung hindeuten, insbesondere Abrechnungsbetrug und Korruption. Wenn die Prüfung ergibt, dass ein Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen mit nicht nur geringfügiger Bedeutung für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung bestehen könnte, sollen die Kranken- und Pflegekassen unverzüglich die Staatsanwaltschaft unterrichten.
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