Glaukom: Deep Learning zur Vorhersage des Gesichtsfeldes

Glaukompapille. Foto: © BVA/Busse

Ein Forschungsteam des Crabb Lab an der City, University of London hat in Kooperation mit der University of Washington Datenmengen von mehr als 24.000 Glaukom-Patienten untersucht. Mithilfe von “Deep Learning”, einer Form der Künstlichen Intelligenz (KI), wurden Tausende Fundusaufnahmen ausgewertet, um festzustellen, wie stark die Gesichtsfelder dieser Glaukom-Patienten durch die Krankheit eingeschränkt wurden.

Das Glaukom betrifft etwa zwei Prozent der über 40-Jährigen und fast zehn Prozent der über 75-Jährigen. Verliert jemand durch ein Glaukom sein Augenlicht, kann es nicht wiederhergestellt werden. Das frühzeitige Erkennen und eine angemessene Behandlung sind daher entscheidend.

In dieser internationalen Glaukom-Studie wurden KI-Modelle unabhängig voneinander eingesetzt, um große Bildmengen zu analysieren. Ziel war es herauszufinden, ob diese Modelle aufgrund einer Struktur-Funktions-Beziehung zur Vorhersage der Glaukomprogression angewendet werden könnten.
 
Zum Einsatz kamen zwei Bildgebungsarten: die optische Kohärenztomographie (OCT) und die Infrarot-Reflexion (IR). Die OCT nutzt Licht mit geringer Kohärenz, um hochauflösende Querschnittbilder der Retina zu erhalten. Die Schichten innerhalb der Netzhaut können unterschieden und die Dicke kann gemessen werden, um die Früherkennung und Diagnose der Erkrankung zu unterstützen. Die IR hingegen setzt Infrarotlicht für die Bildgebung ein. In diesem Fall wurde der Sehnervenkopf an der Austrittsstelle zum Gehirn abgebildet.

Anhand der Deep-Learning-Methode ist es möglich, die Gesichtsfeldentwicklung eines Patienten durch die Auswertung der Bilder vorherzusagen, ohne dass die darin enthaltenen Merkmale zuvor von Experten oder Ärzten gekennzeichnet wurden.

Jedes Deep-Learning-Modell konnte die von den einzelnen Bildgebungsarten dargestellten Volumenbilder nutzen und einen Wert für die Gesichtsfeldentwicklung eines bestimmten Patienten allein anhand der Bilder seines Auges prognostizieren. Die Anwendung beider Bildgebungsarten, OCT und IR, verbesserte zudem die Genauigkeit bei der Vorhersage der Gesichtsfelder.

Die Prognosen mittels Deep Learning, so räumen die Autoren der Studie ein, sind in diesem Stadium zwar noch nicht klinisch aussagekräftig, aber so vielversprechend, dass sie untersuchen wollen, ob diese Wertigkeit in der nächsten Phase ihrer Forschungsarbeit erreichbar ist. Sollte dies der Fall sein, könnte eine solche Technik für Patienten genutzt werden, bei denen Entscheidungen über eine Intensivierung der Behandlung getroffen werden müssen.

Die Möglichkeit, die Bilder des Augenhintergrundes zur Vorhersage der Sehfunktion einzusetzen, könnte nach Einschätzung der Autoren auch für die Planung von Studien zu neuen Glaukom-Therapien wertvoll sein. Die Technik hätte unter anderem Auswirkungen auf die Genauigkeit dieser Untersuchungen, was wiederum die Bereitstellung neuer Therapien beschleunigen könnte.

David Crabb, Professor für Statistik und Sehforschung und Leiter des Crabb Lab an der City, University of London, kommentierte die in Zusammenarbeit mit der University of Washington durchgeführte Studie: „Dies war eine spannende Untersuchung. Die riesige Menge an National-Health-Service(NHS)-Daten würde normalerweise nur herumliegen und verstauben. Hier haben wir sie genutzt, um eine sehr clevere KI-Technik zu entwickeln, die aus den Elementen in den Bildern lernt, die Sehfunktion besser vorherzusagen. Diese Techniken könnten nützlich sein, um bessere Endpunkte für neue Glaukom-Behandlungen zu entwickeln.“

Originalpublikation:
Kihara Y et al. Policy-Driven, Multimodal Deep Learning for Predicting Visual Fields from the Optic Disc and OCT Imaging. Ophthalmology 2022 (im Druck).
doi: 10.1016/j.ophtha.2022.02.017