Glaukom: Universitätsmedizin Mainz beteiligt sich an internationalem Forschungsprogramm

Die Universitätsmedizin Mainz beteiligt sich an einem internationalen Forschungsprogramm, dass die Rolle der Mitophagie beim Glaukom untersuchen will, um neue Behandlungsstrategien zu entwickeln.Symbolbild.©WrightStudio-stock.adobe.com

Der Neurowissenschaftler Prof. Christian Behl, Direktor des Instituts für Pathobiochemie der Universitätsmedizin Mainz, will im Rahmen eines neuen Projektes die Rolle der Autophagie beim Glaukom entschlüsseln.

Seit dem 1. Juli 2025 ist Behl an einer neuen globalen Forschungskooperation beteiligt, deren Ziel es ist, den Sehverlust durch eine Glaukom-Erkrankung zu bekämpfen. Als internationaler Experte für Autophagie und Neurodegeneration arbeitet Behl dazu mit Dr. Katharina Bell, Augenärztin und Klinische Leiterin Ophthalmologie am NHMRC Clinical Trials Centre der Universität Sydney, zusammen.

Die neue deutsch-australische Zusammenarbeit ist Teil des „Snow Vision Accelerator“-Netzwerks – ein mit 27,9 Millionen Euro ausgestattetes internationales Forschungsprogramm unter Leitung von Prof. Jonathan Crowston von der Universität Sydney. Diese wird durch die „Snow Medical Research Foundation“ aus Sydney finanziert. Ziel des Programms ist es, die Behandlung des Glaukoms durch moderne molekularbiologische, genetische und translationale Forschung zu verbessern. Zudem sollen die Grundlagen für neue klinisch einsetzbare Medikamente erforscht werden.

Untersuchungsziel: Mitophagie

Beim Glaukom wird der Sehnerv geschädigt, weil Nervenzellen absterben. Dadurch wird das Gesichtsfeld eingeschränkt und es entstehen „blinde Flecken“ beim Sehen. Die Ursache ist häufig ein zu hoher Augeninnendruck. Behl und das Team um Bell wollen gemeinsam die Rolle der Autophagie und hier insbesondere der Mitophagie, also dem selektiven Abbau der Mitochondrien, bei schwerwiegenden Glaukom-Erkrankungen untersuchen. In den kommenden fünf Jahren erhalten sie dafür rund 1,3 Millionen Euro aus den Mitteln des „Snow Vision Accelerator“-Netzwerks.

„Die Autophagie ist ein Rettungsversuch der Zelle, wenn etwa ein Nährstoffmangel vorherrscht oder andere Stressoren auf die Zelle einwirken“, erläutert Behl. „Dann kann die Zelle innerhalb ihrer Umgrenzung defekte Proteine oder andere Zellbestandteile wie zum Beispiel beschädigte Mitochondrien abbauen und aus diesem Prozess wiederum Bausteine zur Energiegewinnung oder zum Aufbau neuer Zellkomponenten recyclen, um ihre Funktion zu erhalten.“

Obwohl die Autophagie damit eine Stressreaktion ist, spielt sie tagtäglich zu jeder Sekunde eine große Rolle in jeder Körperzelle. Denn sie stellt im Sinne einer Qualitätskontrolle die Aktivität der Funktionsträger (Proteine) und damit die Funktion der Zelle sicher.

„Allerdings wird einerseits ein ‚Zuviel‘ an Autophagie mit sehr vielen Krebsarten in Verbindung gebracht, andererseits ein ‚Zuwenig‘ mit der Dysfunktion und dem Absterben von Nervenzellen, wie wir dies im Sehnerv von Glaukom-Patient:innen beobachten.“ Ziel ist es daher, neue therapeutische Ansätze zur Erhaltung und zum Schutz des Sehnervs zu identifizieren, die auf einer gezielten Steuerung der Mitophagie beruhen könnten.

Neue Brücke zwischen Neurowissenschaft und Augenheilkunde

Behl ist bekannt für seine Arbeiten zu zellulären Qualitätskontroll-Mechanismen wie der Autophagie bei neurodegenerativen Erkrankungen (z. B. Alzheimer). Diese führt er unter anderem im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1177 („Molekulare und funktionale Charakterisierung der selektiven Autophagie“) durch.

Er bringt seine Expertise nun erstmals in die Glaukom-Forschung ein und freut sich über die Bewilligung dieses Kooperations-Projektes: „Neurodegenerative Erkrankungen des alternden Menschen haben eine Vielzahl von gemeinsamen krankheitsauslösenden Mechanismen, so dass zum Beispiel die Alzheimer-Forschung von der Glaukom-Forschung und umgekehrt sehr stark profitieren kann. Solche internationalen Netzwerke bieten die große Chance, unser Verständnis maßgeblich zu erweitern und in puncto Therapie und Prävention bedeutend voranzukommen.“

Die neue Verbindung zwischen Mainz und Sydney stellt somit eine wichtige Brücke zwischen Teams aus Neurowissenschaft und Augenheilkunde dar. Sie kombiniert innovative Labormodelle mit umfassender klinischer Expertise, um die Entwicklung neuer Behandlungsstrategien für Patienten weltweit zu beschleunigen.

Bell, ehemals Augenärztin und Clinician‐Scientist an der Augenklinik der Universitätsmedizin Mainz, blickt der Zusammenarbeit sehr optimistisch entgegen: „Diese Zusammenarbeit vereint komplementäre Stärken und eine gemeinsame Vision, um das Leben von Menschen mit Glaukom nachhaltig zu verbessern. Die Erkenntnisse von Christian Behl zu Autophagie und neuronaler Widerstandskraft eröffnen eine spannende neue Perspektive in unserem Kampf gegen diese Krankheit, die oftmals zur Erblindung führt.“