GLP-1-RA: Was die Wirkstoffe für Schwangerschaft und Fruchtbarkeit bedeuten

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PD Dr. Katharina Laubner vom Universitätsklinikum Freiburg erklärt, was GLP-1-Wirkstoffe für Schwangerschaft und Fruchtbarkeit bedeuten.

Bis jetzt gab es nur wenige Untersuchungen zu den Auswirkungen von Inkretinmimetika in der Schwangerschaft, berichtet Laubner. 2024 erschienen zwei Veröffentlichungen zu diesem Thema. Es wurden Registerdaten (aus nordischen Ländern, USA, Israel) beziehungsweise Daten aus Beratungszentren des „European Network of Teratology Information Service“ (aus Deutschland, Israel, Italien, Schweiz und England) ausgewertet [3,4].

Die Ergebnisse dieser Datenbankanalysen deuten darauf hin, dass GLP1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) per se nicht teratogen sind, erklört Laubner. So gab es kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen, Spontanaborte oder intrauterinen Tod. „Dies ist beruhigend im Hinblick auf eine unbeabsichtigte Exposition gegenüber GLP1-RA während der Frühschwangerschaft“, kommentiert die Fachärztin. Eine Bestätigung durch weitere Studien sei jedoch erforderlich, da die Datenlage bislang begrenzt ist. Die hohe Molekülmasse der Inkretinmimetika spräche jedoch gegen einen relevanten plazentaren Transfer in der Frühschwangerschaft.

Daten zur Exposition in der späteren Schwangerschaft, das heißt im zweiten und dritten Trimenon, existieren so gut wie nicht, beklagt Lauber. Somit bleibe die Frage offen, ob und, wenn ja, welchen Einfluss Inkretinmimetika auf Risiken wie Frühgeburtlichkeit, Wachstumsstörungen der Kinder [large for gestational age (LGA) Kinder (> 90. Perzentile), small for gestational age (< 10. Perzentile)], erhöhte Verlegungsrate auf neonatale Intensivstation, metabolische Erkrankungen der Kinder im Laufe ihres Lebens, aber auch andere kindliche und mütterliche Ergebnisse hat. Problematisch könnte sich zum Beispiel bei Absetzen der Inkretinmimetika vor beziehungsweise bei Bekanntwerden der Schwangerschaft der Rebound-Effekt erweisen. Eine exzessive Gewichtszunahme während der Schwangerschaft wäre dadurch denkbar, die ebenfalls mit ungünstigen Ergebnissen für Mutter und Kind verbunden ist (etwa eine erhöhte Rate LGA-Kinder, Präeklampsie/Bluthochdruckkomplikationen). „Hierzu gibt es bislang keinerlei Untersuchungen“, sagt Laubner.

Fazit für die Praxis

„Frauen sollten bei Anwendung von GLP1-RA beziehungsweise aller auf dem Markt befindlicher Inkretinmimetika über den Einfluss auf die Fertilität informiert werden. Eine Empfehlung für eine sichere Kontrazeption ist angeraten“, resümiert Laubner. Nach den vorliegenden Studien scheine die Einnahme von GLP1-RA nicht mit einem höheren Risiko für kongenitale Fehlbildungen assoziiert zu sein. Die Datenlage ist begrenzt, Daten zu weiteren Risiken wie metabolischen Erkrankungen oder Wachstumsstörungen bei den Kindern fehlen gänzlich.

Aus diesem Grund werde im Moment angeraten (ohne Evidenz), GLP1-RA bei Kinderwunsch zwei Monate vor dem Versuch, schwanger zu werden, abzusetzen, bei langwirksamen GLP1-RA und GLP1/GIP-Ko-Agonisten wegen der langen Wash-out-Phase drei Monate vorher. Bei Eintritt einer Schwangerschaft unter Inkretinmimetika sollten diese bei Bekanntwerden abgesetzt werden. Da die Menge der verfügbaren Daten gering ist und sich meist auf Tierstudien beschränkt, sollten Fälle von Anwendung von Inkretinmimetika bei Konzeption an das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin gemeldet werden, betont Laubner abschließend.

Literatur:
[1] Narula K et al., Curr Opin Endocrinol Diabetes Obes 2025, 32:108–114, DOI:10.1097/MED.0000000000000907.
[2] Nauck MS et al. Mol Metab. 2021 Apr;46:101102. doi: 10.1016/j.molmet.2020.101102.
[3] Dao, K., et al., (2024). BMJ Open 14(4): e083550.
[4] C. E. Cesta et al., (2024). JAMA Intern Med 184(2): 144-152.