GOÄ-Novelle in der Kritik

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Ende September legte die BÄK ein „Angebot zur GOÄ“ vor und bat die 165 beteiligten Verbände dieses sorgfältig zu prüfen und zu einer gemeinsamen Entscheidung zu kommen. Es folgte viel Kritik, unter anderem auch von den Verbänden der Orthopäden und Unfallchirurgen.

„Wir haben in den vergangenen Jahren unter detailliertem Einbezug der Verbände als ärztliche Gemeinschaftsaufgabe arzteigene Bewertungen erarbeitet, die als Ausgangspunkt und Grundlage für die Preisverhandlungen mit der PKV dienten. Dass es nicht möglich ist, alle 165 Verbände auch an diesen zeitintensiven Gesprächen zur Finalisierung eines Angebotes zu beteiligen, versteht sich nach unserem Dafürhalten von selbst. Das wäre weder mit einem realistischen Zeitplan noch mit dem Charakter solcher Gespräche vereinbar gewesen“, erklärte Dr. Klaus Reinhardt, der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK). Am Ende sei ein nicht einfacher Kompromiss zwischen BÄK und der PKV herausgekommen, so Reinhardt weiter, der in seiner Mitteilung zur GOÄneu schon davon auszugehen schien, dass diverse Verbände diese auch ablehnen könnten.

Gemeinsame Stellungnahme der O&U-Verbände

Genau dieses geschah Anfang Oktober als die Verbände DGOU, BVOU, DGOOC und DGU eine gemeinsame Stellungnahme an Reinhardt aufsetzten. In dem Schreiben an den BÄK-Präsidenten betonten sie „dass sie der aktuellen Version der GOÄ nicht zustimmen können“. Denn trotz der erreichten Verbesserungen weise die neue GOÄ nach Einschätzung der Verbände deutliche Mindererlöse in Orthopädie und Unfallchirurgie auf, die behoben werden müssten.

Des Weiteren kritisierten sie die Vorgehensweise der BÄK während des Überarbeitungsprozesses. „Nach über einem Jahr der Nichteinbindung der Verbände wurde eine geänderte GOÄ vorgelegt. Die den Verbänden danach eingeräumte Kommentierungsfrist wird als zu kurz bemängelt wird. Auch nach Verlängerung der Frist war bislang nicht genügend Zeit, alle für O&U relevanten Passagen abschließend zu bewerten“, so die Verbände.

Zusätzlich kritisierten sie „die mangelnde Transparenz bei den Änderungen im Honorar. Die Systematik der Kürzungen und der Algorithmus, nach dem diese vorgenommen wurden, sind für die Verbände nicht nachvollziehbar. Auch bei den als gesetzt geltenden Änderungen in der Legendierung wurden nicht kommunizierte Anpassungen vorgenommen“, so DGOU; BVOU, DGOOC und DGU.

Sie betonten, dass sie grundsätzlich zwar die Schaffung einer modernen und rechtssicheren GOÄ vollumfänglich unterstützten, forderten aber einen Dialog mit der BÄK und anderen Beteiligten, um die festgestellten Unstimmigkeiten zu klären und notwendige Nachjustierungen im Bereich der Erlöse vorzunehmen.

Ablehnung der GOÄneu auch von IG Med und Bayerischem Fachärzteverband

Die Interessensgemeinschaft Medizin (IG Med), in der sich niedergelassene Ärzte aller Fachrichtungen aus Deutschland organisiert haben, forderte die sofortige Rücknahme der derzeitigen GOÄneu. „Dieser faule Kompromiss zwischen der Bundesärztekammer und den privaten Krankenversicherungen ist nicht tragfähig“, erklärte die Vorsitzende Dr. Ilka Enger. Die neue GOÄ zeige vor allem, dass sie darauf ausgelegt sei, Kosten für die Versicherer und die staatliche Beihilfe zu minimieren, anstatt eine gerechte Vergütung für gute ärztliche Leistungen zu gewährleisten.

„Wir brauchen eine sofortige Erhöhung der Steigerungsfaktoren, um den 4-fachen Satz als Normalfall und den 8-fachen Satz bei besonderer Erschwernis festzulegen. Zudem muss die Bundesärztekammer aktiv an die Öffentlichkeit gehen und Patienten über die Notwendigkeit dieser Änderungen informieren“, forderte Enger von der BÄK.

Der Bayerischer Facharztverband sprach von einem „Mulitorganversagen“ und forderte Sonderärztetag und sogar den Rücktritt von Reinhardt. Der Bayerischer Facharztverband-Vorstand Dr. Wolfgang Bärtl kritisiert den Präsidenten der Bundesärztekammer Reinhardt und attestiert der Körperschaft angesichts des GOÄ-Verhandlungsdesasters „Multiorganversagen“.

„In einer völlig intransparenten Art und Weise werde den Berufsverbänden nach jahrelangen Verhandlungen die definitive Bepreisung der Leistungen nach dem Motto „Vogel friss oder stirb“ vor die Füße gekippt. Der Systemwechsel soll stattfinden, weg von einer betriebswirtschaftlich kalkulierten Gebührenordnung mit mengenunabhängigen festen und inflationsangepassten Preisen hin zu einem „Zielkorridor“ der abhängig von der Mengenentwicklung über Preisreduktionen eingehalten werden muss“, kritisierte der Facharztverband-Vorstand Dr. Wolfgang Bärtl.

„Wir wehrten uns von Anfang an gegen diese GOÄ neu, da der Paragrafenteil und die geänderte Bundesärzteordnung den Weg in ein budgetiertes System geebnet haben, wir als Ärzte weiterhin frei sein wollen in der Entscheidung, mit welchen Steigerungsfaktoren wir der individuellen Situation unserer Patienten gerecht werden wollen und weil die Anpassung der Preise in keiner Weise mit den inflationsbedingten Kostensteigerungen Schritt halten“, betonte der Orthopäde und rief zum Widerstand auf. (hr)