„Goldstandard für die Gangmessung“

Mit Hilfe von Infrarot- und Videokameras erstellt Klaus Sander im neuen Ganglabor eine detaillierte Analyse des Gangs. Foto: Hagen Deichsel / UKL

Das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) verfügt seit kurzem über ein Ganglabor: Nach mehrmaligem Ablaufen der Gehstrecke durch den Patienten entsteht ein 3-D-Computer-Modell des Gangs.

An den Beinen und der Hüfte platzierte Marker reflektieren das Licht der Infrarot-Kameras im Raum. So können dreidimensional die Ortskoordinaten beim Gehen erfasst werden., Foto: Hagen Deichsel / UKL

Im Ganglabor können dreidimensional die Ortskoordinaten beim Gehen erfasst werden. Zusammen mit den Aufnahmen der zwei Videokameras für die Erfassung des Gangs von vorn und von der Seite entstehen die notwendigen Daten für eine instrumentelle 3-D-Ganganalyse. „Das ist der Goldstandard für die Gangmessung“, erklärt Dr. Klaus Sander.

Der Ingenieur aus Thüringen hat viele Jahre in der Orthopädischen Klinik in Eisenberg das dortige Ganglabor betreut. Seit Februar 2021 eigentlich im Ruhestand, ist er von Prof. Andreas Roth, Leiter des Bereichs Endoprothetik / Orthopädie an der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie des UKL, gebeten worden, einmal in der Woche die Betreuung des neuen Ganglabors in Leipzig zu übernehmen.

Ungefähr in der Mitte der Laufstrecke sind im Boden zwei Kraftmessplatten eingebaut. Diese müssten die Patienten möglichst genau treffen, um optimale Daten zu erzeugen. Da sie aber gleichzeitig mit einer selbstgewählten und für sie normalen Gehgeschwindigkeit laufen sollen, wird das Ganze mindestens zehn Mal wiederholt. „Auf den Kraftmessplatten erfassen wir den Doppelschritt“, erklärt Sander. So seien objektiv Beeinträchtigungen bei den Gelenkbelastungen zu erkennen. Unabhängig von der Kraftmessung ließen sich so die Gelenkwinkel bestimmen, sagt Sander.

Eine Anlage wie diese koste 180.000 Euro, erklärt er, und die Auswertungen der erhobenen Daten sei aufwendig. Eine Messung dauere rund eine Stunde, die Auswertung dann noch mal drei bis vier Stunden. Daher seien es hauptsächlich die orthopädischen Fachbereiche von Uniklinika, die ein derartiges Ganglabor besäßen und besonders für Studienzwecke nutzten.

Auswertungsmöglichkeiten sind vielfältig

Eine Ganganalyse kommt für Menschen in Frage, die an Knie oder Hüfte operiert wurden oder die vor einer OP stehen. „Ein Ganglabor wie dieses hier ist allerdings noch vielfältiger einsetzbar”, erklärt Sander. So könnten auch Menschen mit Erkrankungen der Wirbelsäule oder neurologische Patienten von dieser Einrichtung profitieren.

Sander über die vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten der Anlage: „Möglich ist die Erstellung eines Gangbildes vor und nach einer OP, es zeigt dann deutlich die Veränderungen zum Guten. Aber die Ärzte sehen eben auch ganz deutlich, wo noch Defizite sind.“ Eine große Rolle spielten auch Verlaufskontrollen, für die über 100 Parameter zu Verfügung stünden. Aber weil es so viele Auswertungsmöglichkeiten gebe und die Analyse zeitaufwendig sei, werde die Ganganalyse nur bei ausgewählten Patienten eingesetzt, so Sander weiter.