Grippeviren im Vergleich: Warum manche Influenza-Erreger gefährlicher sind als andere

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Schwere Infektionen mit Influenza-A-Viren sind durch eine überschießende Immunantwort, den Zytokinsturm, geprägt. Bisher war unklar, warum manche Virusstämme diesen Sturm auslösen, andere jedoch nicht. Forschende des Paul-Ehrlich-Institutes haben nun Antworten gefunden.

Die Wissenschaftler untersuchten elf verschiedene Influenza-A-Virusstämme und deren Wirkung auf unterschiedliche menschliche Immunzellen. Die Ergebnisse zeigen, dass hochpathogene Vogelgrippeviren bestimmte Immunzellen infizieren und so zur Produktion von Typ-I-Interferon anregen. Dies könnte erklären, warum diese Viren besonders gefährlich sind. Über seine Forschungsergebnisse berichtet das Team in „Emerging Microbes & Infections“.

„Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass nicht nur die Immunzellen, die bisher immer im Fokus bei der Produktion von Typ-I-Interferon standen, sondern auch andere Zellen des Immunsystems ausschlaggebend dafür sein könnten, ob eine Influenza-Infektion eine überschießende Antwort des Immunsystems auslöst“, fasst Prof. Zoe Waibler, kommissarische Vizepräsidentin des Paul-Ehrlich-Institutes, die Ergebnisse der Studie zusammen und ordnet sie ein: „Dieses Wissen ist wichtig, um das Risiko gefährlicher Virusvarianten besser einschätzen zu können.“

Schwere Lungenentzündungen durch bestimmte Virusvarianten

Warum lösen manche Grippeviren einen Zytokinsturm aus, während andere kaum schwere Verläufe verursachen? Um dies besser zu verstehen, hat ein Forschungsteam des Paul-Ehrlich-Institutes um Dr. Martina Anzaghe, Fachgebiet Forschung Immunologie, gemeinsam mit der Abteilung Virologie der Universitätsklinik Freiburg, elf verschiedene Influenza-A-Virusstämme – sowohl übliche saisonale Grippeviren als auch hochpathogene Vogelgrippeviren – untersucht. Sie prüften, wie die Grippeviren unterschiedliche Immunzellen infizieren und zur Ausschüttung von Botenstoffen anregen.

Ziel der Untersuchungen war es, die Mechanismen hinter milden und schweren Krankheitsverläufen zu entschlüsseln und langfristig Ansätze für bessere Schutz- und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Schlüsselrolle bestimmter Immunzellen bei schweren Grippeverläufen

Bei den Untersuchungen zeigte sich, dass plasmazytoide dendritische Zellen bei Grippeinfektionen große Mengen des wichtigen antiviralen Botenstoffs Interferon-α (IFN-α) produzieren – und zwar unabhängig vom Virusstamm. Das bedeutet, dass diese Immunzellen grundsätzlich stark auf Grippeviren reagieren, ohne dass das Virus sich in ihnen vermehren muss.

Warum verursachen dann nicht alle Viren dieselbe Schwere der Erkrankung? Das Forschungsteam fand heraus, dass andere Immunzellen, wie myeloide dendritische Zellen und verschiedene Arten von Makrophagen, bei Infektionen mit hochpathogenen Grippeviren infiziert werden und selbst große Mengen IFN-α herstellen können. Die Virusvermehrung in diesen Immunzellen scheint ein wichtiger Faktor für die Produktion von Typ-I-Interferon und die Entstehung eines Zytokinsturms zu sein.

Diese Ergebnisse liefern damit einen Erklärungsansatz, warum manche Grippeviren so viel gefährlicher sein könnten als andere: Es ist vor allem ihre Fähigkeit, sich in bestimmten Immunzellen zu vermehren und dadurch eine extrem starke Immunreaktion auszulösen, die zu schweren Entzündungen und Gesundheitsschäden führt. Dieses Wissen könnte laut den Forschenden dazu beitragen, gezielter Therapien zu entwickeln und Risikogruppen besser zu identifizieren.