Größe und nicht Geschlecht ist entscheidend für die Verkalkung der Aortenklappe

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Frauen mit Aortenstenose weisen im Vergleich zu Männern eine weniger ausgeprägte Verkalkung der Aortenklappe auf. Einer neuen Studie zufolge ist dies eher auf die insgesamt kleinere Klappengröße als auf das Geschlecht zurückzuführen.

Traditionell wird der Schweregrad der Aortenstenose über den Aortenklappen-Kalzium-Score (AVCS) beurteilt, wobei unterschiedliche Schwellenwerte für Männer und Frauen gelten. Eine neue Studie im „European Heart Journal – Cardiovascular Imaging“ zeigt nun, dass die Größe des Aortenklappenanulus – und nicht das Geschlecht – einen entscheidenden Einfluss auf die Aortenklappen-Verkalkung (AVC) hat. Demnach könnten bestehende Diagnosegrenzen insbesondere Patientinnen und Patienten mit kleineren Aortenklappen benachteiligen. Die Studie stand unter Leitung von Prof. Julia Mascherbauer, Leiterin der Klinischen Abteilung für Innere Medizin 3 am Universitätsklinikum St. Pölten – einem Lehr- und Forschungsstandort der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) in Österreich.

Die Forschungsgruppe wertete retrospektiv die kardialen Computertomographie-Daten von 601 Betroffenen mit schwerer Aortenstenose aus. Frauen hatten dabei kleinere Aortenklappenanulus-Flächen (4,12±0,67 vs. 5,15±0,78 cm²; p<0,001) und niedrigere Agatston-Scores (2018; IQR 1456–3017 vs. 3394; IQR 2562–4530; p<0,001) als Männer. Unabhängig vom Geschlecht bestand jedoch ein starker korrelativer Zusammenhang zwischen der AVC und der Klappengröße.

Zudem ergab die Analyse, dass Patienten mit kleineren Klappenanulus-Flächen häufiger unterhalb der empfohlenen geschlechtsspezifischen AVC-Schwellenwerte lagen. So wiesen in der kleinsten Größenkategorie (Quartil 1) 28 Prozent der Frauen und 27 Prozent der Männer Agatston-Scores unterhalb von 1200 bzw. 2000 Einheiten auf, während dieser Anteil in der größten Quartilsgruppe auf sechs bzw. zwei Prozent sank. Es bestand also ein relativ hohes Risiko einer Fehlklassifikation.

Dies deutet laut den Studienautoren darauf hin, dass Betroffene mit kleineren Klappen aufgrund der derzeitigen geschlechtsspezifischen Diagnoseschwellen möglicherweise unterdiagnostiziert oder falsch klassifiziert werden. Sie halten daher eine Anpassung diagnostischer Kriterien für notwendig. „Die Ergebnisse legen nahe, die Klappengröße künftig in die Diagnose mit einzubeziehen und die derzeitigen AVC-Referenzwerte zu überarbeiten, um genauere Bewertungen zu ermöglichen und Fehleinschätzungen zu vermeiden“, heißt es in einer Mitteilung zur Studie.

Die Studie könnte als Basis für die Weiterentwicklung diagnostischer Standards dienen, um langfristig die Behandlungsstrategie für Patienten mit Aortenstenose zu verbessern. Nach Überzeugung der Autoren würde die Berücksichtigung der Klappengröße in Diagnoserichtlinien dazu beitragen, Verzögerungen in der Therapie zu vermeiden und die medizinische Versorgung zu präzisieren.

Es sind jedoch weitere Studien erforderlich, um indexierte AVC-Grenzwerte in großen Patientenkohorten zu validieren – auch mit Blick auf Patienten mit nichtschwerer Aortenstenose.

(ah)