Grundlagenforschung: Hochauflösendes STED-Mikroskop erlaubt präzise Blicke in lebende Zellen29. September 2021 Das Hochleistungsmikroskop liefert extrem scharfe Bilder von kleinsten Strukturen bis zu 30 Nanometern und kann auch molekulare Prozesse in lebenden Zellen abbilden. Foto: © Jürgen Haacks, Uni Kiel Das neue Hochleistungsmikroskop des Anatomischen Instituts der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) liefert extrem scharfe Bilder von kleinsten Strukturen bis zu 30 Nanometern – also bis zu 2000-mal feiner als ein menschliches Haar. Damit lassen sich zum Beispiel das Innere von lebenden Zellen und dort ablaufende molekulare Prozesse hochpräzise abbilden. Das STED-Mikroskop (STED = Stimulated Emission Depletion) ist eine besondere Form des Lichtmikroskops und arbeitet mit Fluoreszenz-Farbstoffen, mit denen einzelne Strukturen markiert und so sichtbar unterscheidbar werden. Es wurde in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Franziska Theilig des Anatomischen Instituts entsprechend ihrer Forschungsbedarfe entwickelt. Zum Einsatz kommt das hochauflösende Fluoreszenz-Mikroskop in der medizinischen und biologischen Grundlagenforschung. Das Instrument im Wert von einer Million Euro wurde nach Angaben der CAU mit 770.000 Euro vom Land Schleswig-Holstein und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.Hochleistungsmikroskop ermöglicht völlig neue Forschungsfragen„Gerade bei uns in der Anatomie spielen bildgebende Verfahren eine zentrale Rolle. Mit dem neuen Mikroskop können wir ultrafeine Strukturen wie Schlitzmembranen, Zellkanäle und Vesikel-Bläschen lokalisieren oder die Interaktion zwischen Proteinen mit einer Genauigkeit nachweisen, die bisher nicht möglich war“, erklärt Institutsdirektorin Theilig. Damit ließen sich völlig neue, weitreichende Fragestellungen untersuchen. Mit seiner extrem hohen Auflösung übertrifft das STED-Mikroskop laut CAU sogar die konfokalen Lichtmikroskope, die eine Auflösung von 200 Nanometern bieten. Elektronenmikroskope erreichen zurzeit etwa 0,1 Nanometer. Hierfür müssen die Untersuchungsproben jedoch in hauchdünne Scheiben geschnitten werden – Einblicke in vollständige oder lebende Zellen wie im STED sind daher nicht möglich.Nobelpreisträger-Know-how“Hinter dem besonderen Mikroskop steckt Nobelpreisträger-Know-how: Mit der Entwicklung der STED-Methode revolutionierte der Göttinger Physiker Stefan W. Hell die Lichtmikroskopie und erhielt dafür 2014 den Chemie-Nobelpreis”, betont die CAU. Er konnte die Auflösung um das Zehnfache steigern, indem er Proben mit zwei Lasern bestrahlte: Der erste Laser regt Moleküle zum Leuchten an und macht sie damit besser sichtbar. Diese Fluoreszenz kann der zweite Laser bei einzelnen Molekülen wieder „abschalten“ („depletion“) und schafft so ein schärferes Bild der Probe. Mittlerweile entwickelt Hell mit einer eigenen Ausgründung maßgeschneiderte STED-Mikroskope für Forschungseinrichtungen.„Um das Mikroskop passgenau auf unsere Bedarfe abzustimmen, haben wir sehr eng mit den Entwicklerinnen und Entwicklern des Unternehmens zusammengearbeitet – in dieser Form ist unser Instrument also einzigartig“, so Theilig. So haben sie zum Beispiel den stärksten erhältlichen Laser einbauen lassen, um auch hochauflösende Aufnahmen von Geweben zu erhalten. „In Geweben sind die Strukturen besonders dicht, deshalb ist es hier weitaus schwieriger, feine Elemente voneinander zu unterscheiden als in einer einzelnen Zelle“, erklärt Theilig weiter. Rund zwölf Monate hat dieser Entwicklungsprozess insgesamt gedauert – ein Aufwand, der sich gelohnt hat, sind sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Anatomischen Instituts sicher.