Grundlagenforschung: Ursprung der Fresszellen im Glaskörper des Auges aufgeklärt

Repräsentativer Schnitt durch das sich entwickelnde Mausauge. Fresszellen sind in dieser Abbildung in grün dargestellt, Hyalozyten im Glaskörper mit einem Stern (*) markiert. Abkürzungen: L – Linse, G – Glaskörper, N- Neuroretina.Foto.©Rosmus/Creative-Commons CC-BY-4.0

Ein Augsburger Forscherteam hat nachgewiesen, dass sich Makrophagen im Glaskörper des Auges bereits im Embryonalstadium entwickeln. Diese Erkenntnis könnte Behandlungsmöglichkeiten von Krankheiten wie der diabetischen Retinopathie eröffnen.

Makrophagen sind Teil unseres Immunsystems. Sie vernichten eingedrungene Krankheitserreger. Man findet sie im Blutkreislauf und in allen Organen. An der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg hat ein Wissenschaftsteam unter Leitung von Prof. Dr. Peter Wieghofer, Professor für Zelluläre Neuroanatomie, nun neue Erkenntnisse zu diesen wichtigen Immunzellen im Auge gewonnen. Die Forscher wiesen erstmals nach, dass sich die Makrophagen im Glaskörper des Auges der Maus bereits im Embryonalstadium ansiedeln. Stand der Forschung war jahrzehntelang, dass diese sogenannten Hyalozyten – die schon zu Zeiten Rudolf Virchows erforscht wurden – sich regelmäßig aus Blutzellen neu bilden. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Journal of Neuroinflammation“ veröffentlicht.

Grundlagenforschung als Basis

„Die Makrophagen im Glaskörper entwickeln sich also schon vor der Geburt, besiedeln den Glaskörper und verbleiben dort ein Leben lang, genau wie die Makrophagen der an den Glaskörper angrenzenden Netzhaut, die sogenannten Mikroglia“ erklärt Wieghofer. Weil sie sich nicht – wie bislang angenommen – aus Zellen im Blut erneuern, könnten immunologische Alterungs-Vorgänge zu einer Funktionsstörung dieser Zellen führen und so zur Entwicklung von Erkrankungen des Glaskörpers und der Netzhaut beitragen.

„Was wir gemacht haben, ist Grundlagenforschung“, erörtert Wieghofer. Die Anwendbarkeit dieses Wissens ist oft nicht sofort erkennbar. Alle Therapieformen, Entwicklungen von Medikamenten und das Verständnis darüber, wie Krankheiten entstehen, beruhen aber immer auch auf Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung.

Hoffnung bei diabetischer Retinopathie

Die Entdeckung könnte ein Ansatz für Therapien aller Erkrankungen sein, welche die Hyalozyten im Glaskörper, aber auch die daran angrenzende Netzhaut betreffen, wie zum Beispiel die diabetische Retinopathie. Diese Netzhauterkrankung tritt bei fortgeschrittenem Diabetes auf und führt zum Verlust von Sehschärfe sowie zu Blutungen und Schädigungen der Netzhaut. „Die entzündliche Komponente der diabetischen Retinopathie wird im Wesentlichen durch Makrophagen vermittelt, welche im Anfangsstadium förderlich, bei chronischer Entzündung hingegen schädlich ist und die gefürchtete Gefäßneubildung sogar fördern kann. Wir hoffen, dass diese schädliche Entzündungsreaktion irgendwann durch Therapieansätze, welche auf die Hyalozyten wirken, adressiert und ihr Einfluss auf die krankhafte Gefäßneubildung verringert werden kann. Dann würde die Gefahr spontaner Blutungen, aber auch das Risiko für die Patienten zu erblinden, sinken“, erklärt Wieghofer.

Ein weiteres Forschungsfeld, in welchem Hyalozyten eine zentrale Rolle spielen, sind Defekte beim Abbau von Gefäßen im Glaskörper während der vorgeburtlichen Entwicklung bei Kindern. Diese Defekte können zu schweren Blutungen und Erblindung innerhalb kürzester Zeit nach der Geburt führen. Während bei der diabetischen Retinopathie Makrophagen zur Ausbildung von schädlichen Blutgefäßen beitragen, sind sie in diesem Kontext wichtig für den Abbau dieser überflüssigen Gefäße.

„Auch hier bieten die neuen Erkenntnisse zu Hyalozyten einen interessanten Ansatz für potenzielle Therapien. Je besser wir also die grundlegenden Eigenschaften dieser Zellen verstehen, umso eher können wir auf Erkrankungen der Grenzfläche zwischen Netzhaut und Glaskörper einwirken, können den Schweregrad solcher Erkrankungen reduzieren und das Leben von Patienten nachhaltig positiv beeinflussen.“