Guillain-Barré-Syndrom: Ursache der seltenen Erkrankung aufgeklärt23. Januar 2024 Symbolbild.©-crevis-stock.adobe.com Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine seltene Krankheit, bei der das Immunsystem die peripheren Nerven angreift. Ein Forschungsteam unter Leitung der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich hat nun den Mechanismus dieser Autoimmunreaktion aufgeklärt. Patienten mit dem Guillain-Barré-Syndrom (GBS) leiden an einer seltenen und vielgestaltigen Störung des peripheren Nervensystems. Die Krankheit wird oft durch vorangehende Infektionen ausgelöst und kann zu schwerer Muskelschwäche führen. In Europa und den USA treten jährlich etwa ein bis zwei Fälle pro 100.000 Menschen auf. GBS beginnt in der Regel mit Schwäche und Kribbeln in den Beinen, das sich auf den Oberkörper und die Arme ausbreiten kann. Gehen und sich bewegen wird zunehmend schwieriger. In schweren Fällen kann es auch zu Lähmungen der Atemmuskulatur kommen. Obwohl GBS als Autoimmunerkrankung gilt, sind die zugrunde liegenden Mechanismen noch weitgehend unbekannt. Das erschwert eine genaue Diagnose und wirksame Behandlung. Eine kürzlich in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Studie unter der Leitung von Daniela Latorre, SNF-Gruppenleiterin am Institut für Mikrobiologie der ETH Zürich, deckt nun einen zentralen Aspekt der Pathophysiologie von GBS auf. In enger Zusammenarbeit mit klinischen Forschern des Universitätsspitals Zürich und des Neurozentrums der Südschweiz (EOC) in Lugano suchte Latorre nach Autoimmunfaktoren, die für diese Krankheit verantwortlich sind. Autoreaktive T-Zellen greifen periphere Nerven an Mit hochempfindlichen Messverfahren konnte Latorres Gruppe nachweisen, dass bei GBS-Patienten T-Lymphozyten in das Nervengewebe eindringen und auf die Myelinscheide reagieren. Bei gesunden Menschen spielen T-Lymphozyten eine tragende Rolle bei der Immunabwehr, indem sie körperfremde Strukturen, zum Beispiel bei Virusinfektionen, und abnormale körpereigene Zellen erkennen und eliminieren. In seltenen Fällen können T-Zellen jedoch fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreifen, was zu Autoimmunerkrankungen führt. „Wir haben herausgefunden, dass diese autoreaktiven T-Lymphozyten ausschließlich bei Patienten mit einer GBS-Variante vorkommen, bei der die Myelinschicht der Nerven beschädigt wird“, erklärt Latorre. Und dass die T-Zellen eine krankheitsspezifische Signatur aufweisen, die sie von gesunden Personen unterscheidet. Die Ergebnisse liefern erstmals den Beweis, dass autoreaktive T-Lymphozyten wesentlich zu diesem Krankheitsbild beim Menschen beitragen. Darüber hinaus identifizierten die Wissenschaftler in einer Untergruppe von GBS-Patienten nach einer Virusinfektion T-Lymphozyten, die sowohl auf die Selbstantigene der Myelinscheide als auch auf die Virusantigene reagierten. Dies spricht für einen direkten Zusammenhang zwischen der GBS-Erkrankung und der vorausgegangenen Virusinfektion. Heutige Therapien sind zwar bei vielen GBS-Patienten zwar wirksam, aber sie sind nicht spezifisch genug, so dass etwa zwanzig Prozent der Patienten schwer behindert bleiben oder sterben. Die Erkenntnisse der Forscher tragen zu einem besseren Verständnis dieser Krankheit bei. Zudem ebnen sie den Weg für Folgestudien mit größeren Patientengruppen, um weitere GBS-Varianten zu entschlüsseln. Das könnte zu gezielten Therapien für GBS-Subtypen führen und damit die Patientenversorgung deutlich verbessern.
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